Georgien Teil 3: Zentralgeorgien und Hauptstadt Tiflis

 

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29.6.2022

Kinchkha Wasserfall – Kutaissi, Georgien

Km: 60

Km Total: 16’920

Die üppig grüne Gegend verführt uns nochmals zu einem kurzen Spaziergang, bevor es für uns definitiv zurück ins Flachland geht. Es ist ein nebliger Morgen, die Stimmung ist mystisch, mit dem Wasserfall und den bewaldeten Hügeln ringsherum fühlt man sich fast wie im Regenwald.

Es gibt nur noch vereinzelt Häuser. Wie fast überall in Georgien ist auch hier jedes Grundstück umzäunt und die Einfahrt typischerweise mit einem geschmiedeten Tor versehen. Wir entdecken hier einen sehr aussergewöhnlichen, künstlerisch angefertigten Zaun, geflochten aus Ästen, ein tolles Design! Da heute noch einiges auf dem Programm steht, nehmen wir Abschied von der schönen Gegend und machen uns auf den Weg zur Prometheus Höhle. Leider fällt der geplante Besuch buchstäblich ins Wasser, da die Höhle aufgrund der starken Regenfälle überflutet ist und deswegen geschlossen ist. Der nächste Stopp ist die Stadt Tskaltubo, die während der Sowjetzeit einer der bedeutendsten Kurorte der Sowjetunion war. Über 30 Badehäuser, Wellnesscenter, Sanatorien und Hotels wurden während der Blütezeit betrieben, wovon die meisten heute verlassen sind und vor sich hinvegetieren

Wir besuchen einzelne leerstehende Bauten, einige davon sind bereits ziemlich zugewachsen, auf Balkonen sowie um und auf den Gebäuden breitet sich die Natur aus. 

Trotzdem ist es spannend, und auch ein bisschen unheimlich, die teils riesigen Bauten zu erkunden. Das im Jahr 1952 erbaute, grösste und eindrücklichste Gebäude in Tskaltubo, das Shakhtiori Sanatorium, wurde von einem privaten Investor gekauft. Es ist umzäunt und eigentlich nicht öffentlich zugänglich. Wie bereits von anderen Reisenden gehört, macht hier jedoch der Wachmann ein kleines Business und für 20 GEL (Fr. 7.-) bekommen wir eine kleine Führung durch das riesige Gebäude. 

Das Highlight hier ist ganz klar der hohe Theatersaal sowie der angrenzende Raum mit hohen Marmorsäulen, beide mit erstaunlich gut erhaltenen Wandmalereien. Aber nicht alle Ruinen stehen leer. Während des Abchassienskriegs wurden in den verlassenen Sanatorien über 10'000 Flüchtlinge untergebracht (wie auch in Borjomi). Eigentlich mehr als vorübergehende Unterkunft gedacht, warten eine Generation später noch immer viele auf die versprochene dauerhafte Unterkunft und leben nach wie vor unter fragwürdigen Bedingungen in den desolaten Gebäuden. Unsere Fahrt geht weiter bis auf den Campingplatz in der Nähe von Kutaissi.

 

30.6. – 3.7.2022

Kutaissi, Georgien

4 Tage in der drittgrössten Stadt (150'000 Einwohner) Georgiens, Kutaissi. Wäsche muss gewaschen werden, also gilt der erste Tag diesem Projekt.

Den zweiten Tag verbringen wir in der gemütlichen Stadt, geniessen tolles thailändisches Essen und besuchen den fantastischen Markt und die 1’000 Jahre alte, zu einem grossen Teil neu aufgebaute und renovierte, Bagrati-Kathedrale.

 Diese hat nach unserem Geschmack durch Stahlelemente und grösstenteils neuen Steinmauern an Charme verloren.

 

Am 2. Juli, eigentlich unserem letzten Tag auf dem Camping, gibt’s ein unschönes Ereignis. Ein Unwetter rollt heran! Der Fluss neben dem Campingplatz steigt und steigt. Es regnet teilweise wie aus Kesseln, der dunkelgraue Fluss breitet sich aus und reisst mit tosender Gewalt und bedrohender Geschwindigkeit Holz und kleinere Baumstämme mit sich. Und dann ist es soweit, der Fluss tritt über die Ufer und alle Campingfahrzeuge entfernen sich und parkieren an der Hauptstrasse oben vor dem Campinggebäude. Was für eine Schande, denn bereits vor 10 Tagen geschah dasselbe und die Besitzer waren erst gerade fertig mit putzen und aufräumen!

Der nächste Morgen ist angebrochen. Die Solidarität der Campinggäste ist gross und so kommt es, dass eine bunt zusammengewürfelte 9-köpfige Truppe Schaufel und Schubkarre in die Hände nehmen und anfangen zu schuften! Am Abend war ein grosser Teil geschafft und wir entscheiden uns eine weitere Nacht zu bleiben. Die ganze Truppe wird auf dem Campingplatz zum tollen Abendessen eingeladen, der Besitzer singt zu unserem Erstaunen gut Karaoke und ein wenig Discoatmosphäre liegt in der Luft :-).

 

4.7.2022

Kutaissi – Rikoti Pass, Georgien

Km: 100

Km Total: 17’020 

Obschon es auf dem Campingplatz nach wie vor viel Arbeit gäbe, müssen wir langsam ans Weiterziehen denken. Eigentlich hat uns ja das Mitanpacken schon fast Spass gemacht, haben wir doch schon seit über einem Jahr keine „richtige“ Arbeit mehr verrichtet :-). Die Blasen an unseren Händen sprechen Bände ;-). Wir verabschieden uns von den interessanten Bekanntschaften und fahren zur nahegelegene Gelati Klosteranlage.


Das Kloster zählt zu den bedeutendsten Werken georgischer Kunst. Die Hauptkirche wird momentan restauriert, so dass wir auf die berühmten farbenfrohen Fresken im Inneren der Kirche leider nur vom Eingang aus und durch die aufgestellten Gerüste einen Blick werfen können. Doch auch in den nebenstehenden zwei kleineren Kirchen sind eindrückliche Fresken zu bewundern.

Was uns nebst der Grösse der Kirche, den schönen Formen und den feingliedrigen Ornamenten auch sehr gefällt, sind die Dächer der Kirchen, welche mit grünen Keramikziegeln gedeckt sind und in der Sonne wundervoll glänzen. Auch die Aussicht von der Klosteranlage aus über die grünen Hügel ist toll! 


Nun geht die Fahrt für uns weiter über die Hauptverkehrsachse in Richtung Tiflis. Es ist nicht gerade eine angenehme Strecke. Eine kurvige und hügelige Hauptstrasse mit viel Verkehr und Baustellen. Da sind uns doch die Offroad-Strecken noch fast lieber ;-). Es wird jedoch bald Abhilfe geben, denn ein riesiges Strassenprojekt, von den Chinesen finanziert, ist im vollen Gange. Unzählige Tunnel, die mit Strassen auf hohen Betonpfeilern verbunden werden, sind im Bau. 

Was die Strecke für uns abwechslungsreich macht, sind die vielen Verkaufsstände entlang der Strasse, die je nach Dorf spezialisiert sind auf Holz-, Korb- oder Tonwaren, geknüpfte Waren sowie Beeren, Pilze und vieles mehr, was wir beim Vorbeifahren nicht definieren konnten. Die offen ausgelegten Früchte etc. sehen zwar immer sehr gut aus, doch irgendwie hält uns der Staub und Abgas des starken Verkehrs vom Kauf ab. Auf einer kurzen alten Passstrecke finden wir einen ruhigen Übernachtungsplatz.

 

5.7.2022

Rikoti Pass – Uplisziche Höhlenstadt, Georgien

Km: 80

Km Total: 17’100

Wenige Minuten nach dem losfahren landen wir wieder auf der stark befahrenen Strasse und später Autobahn und steuern Gori an, eine unscheinbare Stadt. Jedoch ist Gori die Geburtsstadt von Josef Stalin. Um unsere Geschichtskenntnisse aufzubessern besuchen wir das Stalin-Museum, was im Nachhinein eine Geld- und Zeitverschwendung war. Anstelle von Geschichtsunterricht ist das Museum eine Verherrlichung von einem skrupellosen Massenmörder wo man T-Shirts mit Stalin kaufen kann oder neben seiner Statue ein Foto machen kann. Unglaublich!

Gori war auch im russischen Besatzungskrieg von 2008 in Mitleidenschaft gezogen worden. Damals war Gori für kurze Zeit unter russischer Kontrolle und die Truppen standen somit lediglich 60km vor Tiflis! Die Einschusslöcher in den Hauswänden (Siehe Foto) sind Zeitzeugen dieses schrecklichen Ereignisses.


Nun aber geht’s weiter in die, wenige Kilometer entfernte, Höhlenstadt Uplisziche.

Die Höhlenstadt begann sich im 6. Jahrhundert zu entwickeln und hatte in den Blütezeiten bis zu 20'000 Einwohner. Sie galt ebenfalls als wichtiger Handelsplatz an der Asien-Europa Route und wurde schlussendlich vor 800 Jahren von den Mongolen zerstört! Neben den üblichen Lebensräumen sticht vor allem der steile Felsen-Fluchttunnel heraus.

Gemütliche 2 Stunden kraxeln wir im Gelände herum und schauen neben den Höhlen auch genüsslich den unzähligen Echsen zu. Wenige Minuten Autofahrt später nächtigen wir am herrlichen Fluss.

 

6.7.2022

Uplisziche Höhlenstadt – Tiflis (Tbilisi), Georgien

Km: 80

Km Total: 17’180

Ab in die Hauptstadt Tiflis. Erster Stopp: Iveco Garage. Ölwechsel muss sein. Zudem besprechen wir dort ein paar andere Probleme (Bremsen, Kupplung). Von diesen wollen sie jedoch in der Top-modernen Garage nichts wissen. Zum Einen, da sie mit so alten Iveco Fahrzeugen nichts zu tun haben (wollen?) und zum Anderen da es sowieso keine Ersatzteile gebe. Wegen des Ukrainekrieges gibt’s Wochenlange Lieferzeiten für Ersatzteile!

Na dann, immerhin frisches Öl und Filter, sowie Schmierpunkte und alle Getriebeöle werden kontrolliert.

Von anderen Reisenden haben wir einen Tipp bekommen zum Übernachten in der Hauptstadt. Also steuern wir diesen an und landen neben dem Armenischen Friedhof. Wir sind aber längst nicht die einzigen und gesellen uns zu den anderen fünf Europäischen Fahrzeugen.

 

7. – 8.7.2022

Tiflis (Tbilisi), Georgien

Die zwei Tage in der Hauptstadt verbringen wir selbstverständlich mit der Besichtigung einiger bekannten Sehenswürdigkeiten. Wir schlendern durch die verwinkelten Gassen der Altstadt, die mit ihren vielen nicht restaurierten Häusern und den charakteristischen Balkonen sowie den alten Steinkirchen sehr authentisch rüberkommt und uns gut gefällt.

Natürlich gibt es auch viele wunderbar restaurierte Häuser, Sowjetarchitektur und sonstige eindrückliche Gebäude. 

Mit einer Gondel fahren wir hoch über die Stadt zum Narikala Fort, wo ganz in der Nähe auch eines der Wahrzeichen von Tiflis, die 20m hohe Aluminiumstatue „Mother Georgia“, über der Stadt thront. Die Frau in Nationaltracht symbolisiert den georgischen Nationalcharakter: in der linken Hand hält sie ein Weinglas zur Begrüssung von Freunden, in der rechten ein Schwert für diejenigen, die als Feinde kommen. Die Aussicht über die Stadt ist toll, die konischen Kirchendächer ragen aus dem Häusermeer, die modernen Bauten stellen einen starken Kontrast dazu dar.

Eines der modernen Gebäude sticht besonders heraus: das Konzert- und Ausstellungzentrum, zwei röhrenförmige Metallkonstruktionen, die aus der Ära des ehemaligen Präsidenten Sakashvili stammen und bis heute leider unvollendet blieben. Direkt dahinter auf einer Klippe steht ein weiteres Prestigeobjekt Sakashvilis: Der Präsidentenpalast, architektonisch keine Perle, wird heute nur noch zu Zeremoniezwecken benützt. Mitten durch die Stadt fliesst der Fluss Mtkvari, an dessen Ufer teils hohe Klippen aufragen. Die darauf erbauten Häuser stehen beängstigend nahe am Abgrund und es scheint als seien sie mit den Klippen verschmolzen.

Auch ein nicht zu übersehendes Wahrzeichen neuerer Natur ist die riesige, im Jahr 2004 vollendete Tsminda Sameba Kathedrale, deren goldbedeckte Kuppel in der Sonne glänzt. Ebenfalls ein Vergnügen der modernen Sorte ist das Illusionsmuseum, welchem wir einen Besuch abstatten. 


Einen gemütlichen Abend verbringen wir mit den Schweizern Lisa und Dario, die mit dem Fahrrad um die Welt reisen (erfahrung-der-welt.ch). Lisa und Stefan haben sich während eines Sprachaufenthalts in Costa Rica kennengelernt und sich nun hier in Tiflis wieder getroffen :-). Und da ist natürlich noch der grosse, farbige Flohmarkt, wo allerlei Antiquitäten, Geschirr, Souvenirs, und anderer Ramsch angeboten wird. Was in Tiflis auch sehr auffällt, sind die vielen Ukraineflaggen die überall an den Balkonen hängen und auch der Hass gegen die Russen wird teils relativ sichtbar kundgetan!

Wie so oft lassen wir uns kulinarisch verwöhnen und geniessen es, auswärts auch wieder Mal etwas nicht-georgisches zu essen! Gerne würden wir eigentlich noch länger die Stadt erkunden, jedoch werden für die nächsten Tage Temperaturen über 35 Grad erwartet. Da flüchten wir doch lieber in die Berge!


 

9.7.2022

Tiflis (Tbilisi) – Sioni Reservoir, Georgien

Km: 90

Km Total: 17’270

Raus aus der Hauptstadt, zurück in die Natur. Wir durchqueren den Tiflis-Nationalpark und nächtigen irgendwo im schönen Wald abseits der Strasse.


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10.7.2022

Sioni Reservoir – Lechuri, Georgien

Km: 80

Km Total: 17’350

Wir bewegen uns nur 80 km. Aber immerhin, wir kommen unserem eigentlichen ersehnten Ziel, Tuschetien näher. Unterwegs treffen wir noch eine liebe junge deutsche Familie mit dem VW-Bus, die wir bereits in der Türkei vor vier Monaten kennenlernten (über Internetseiten und soziale Medien ist man immer bestens im Bild wer wo ist). Wenig später stoppen wir am Nachmittag an einer Quelle um Wasser nachzufüllen und werden auch gleich von den dortigen Picknickern zu einem Bier und getrocknetem Fisch eingeladen. Die vier Herren mittleren Alters dürften wohl anhand der unzähligen leeren Bierflaschen nicht mehr hinters Steuer sitzen… Wir fahren mit frischem Quellwasser im Tank weiter. Im letzten Dörfchen, bevor wir morgen den berüchtigten Abano-Pass in Angriff nehmen, decken wir uns mit Lebensmitteln ein. Da wir sicher eine Woche im abgelegenen Tuschetien verweilen werden, wollen wir genug Essen bei uns haben, da es im abgelegenen Berggebiet kaum Shops geben soll.

Jetzt begegnen wir nochmals einem uns bekannten Paar. Nämlich Florian und Sahra (diesel300.ch) aus Bern. Wir kennen sie durch lustige Umstände, denn die beiden wollten für ihre jetzige Reise um ein Haar unseren alten Landrover kaufen, haben sich aber im letzten Moment für ein Büssli entschieden. Wir wussten im Vorfeld, dass sie ebenfalls in die Gegend Tuschetien fahren wollen, aber dass wir sie einfach so beim Vorbeifahren an einer Tankstelle sehen, ist doch echt witzig :-). Wir fahren zusammen an einen schönen Fluss und geniessen einen angenehmen und entspannenden Abend!


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