Irak, Basra
1.1.2023
Abadan, Iran – Basra, Irak – Kuwait
Km: 200
Km Total: 24’700
Basra, und die Grenzübertritte im Detail
Basra:
Unser Kurztrip durch den Irak. Bevor es zum mit Abstand chaotischsten Grenzübertritt all unserer bisherigen Reisen geht, sind hier unsere Eindrücke der Stadt Basra.
Im Vergleich zum Iran scheint etwas mehr Geld zur Verfügung zu stehen. Dies sieht man neben den zivilen Autos, auch an den Polizeiwagen. Die Polizei im Irak sitzt in neuen Toyotas während im Iran noch der Polizeichef im alten Peugeot daherkommt. Ebenfalls scheint die Infrastruktur ein wenig besser zu sein sowie einzelne Wohnsiedlungen zeugen von etwas mehr finanziellen Mitteln. Trotzdem sind miserable Häuser, Abfall, Bauruinen und Schrottautos allgegenwärtig. Der Irak scheint männerdominierter als der Iran zu sein. An den Grenzübertritten arbeiten, im Gegensatz zum Iran, praktisch nur Männer. Dann ist da noch die Sicherheitslage. Im Irak ist eine starke Polizei- und Militärpräsenz zu sehen. Militär mit schusssicheren Westen und gepanzerten Fahrzeugen sind keine Seltenheit. Ob diese Präsenz generell so hoch ist, oder nur momentan wegen der „Gulf Cup“ Fussball-Meisterschaft die in Basra stattfindet, wissen wir nicht. Die Leute selber sind im Grossen und Ganzen freundlich, jedoch fühlten wir uns im Iran doch etwas willkommener.
Wir fahren Richtung Grossstadt Basra, über die moderne, riesige Shaheed Muhammad Baqir al-Sadr Brücke, die über den Fluss Shatt Al-Arab führt.
Es ist bereits 16:30 und wir suchen uns ein Hotel. Auf der iOverlander App finden wir ein angeblich günstiges Hotel mitten in der Stadt. An der Rezeption werden wir eines Besseren belehrt. 160$ pro Nacht! Wegen der Fussballmeisterschaft sind die Hotels ausgebucht.
Wir entscheiden uns kurzerhand weiter bis Kuwait zu fahren, obwohl wir gerne einen Tag in Basra verbracht hätten.
Grenzübertritt Iran – Irak:
Gehen wir 6 Wochen zurück. Wenn man aus der durchorganisierten Schweiz kommt, hat man bei der Einreise in den Iran das Gefühl, dass es chaotischer und unorganisierter kaum geht. Jetzt finden wir heraus, dass sich die Grenzübertritte im Iran fast so gut organisiert anfühlen wie in der Schweiz; wenn man sie mit denen im Irak vergleicht!!
10:15
Ankunft. Ausreise Iran:
Viele LKW’s und Personen zu Fuss, aber kaum Personenwagen. Ein Iraner hält von Hand ein Seil hoch, sieht uns, lässt uns passieren, lehnt sich zurück und zieht das Seil wieder rauf.
Wir fahren wenige hundert Meter, an einzelnen Gebäuden vorbei, bis zu einem Gebäude das direkt an unserem Weg steht. Unsere Visa werden dort problemlos abgestempelt. Zurück beim Iveco sagen uns die freundlichen uniformierten Iraner: „jetzt geht zu dem Gebäude da hinten, Custom“. Wir fahren zurück, sehen aber kein Verzollungsgebäude. Wir parkieren, gehen irgendwo rein, fragen wo das richtige Gebäude ist, ein Mann begleitet uns 50 Meter und wir sind im Verzollungsgebäude. Problemlos wird das Carnet de Passage (Zolldokument fürs Fahrzeug) abgestempelt, einige Zettel werden ausgefüllt und die nette Frau begutachtet das Fahrzeug und die Chassis-Nummer. Die Frau sagt: „geht weiter hier entlang zu Gate 3“. Wir fahren los, zum einzigen grossen Tor wo wir finden können. Weit und breit finden wir nirgends ein Schild mit „Gate 3“. Nochmals kontrolliert hier einer das Carnet de Passage und unsere abgestempelten Visa. Wir landen auf einem Parkplatz der mehrere Fussballfelder gross ist. Der Platz ist voller LKW’s und wir fühlen uns komplett verloren. Wir suchen einen Ausgang und ein Kuwaiti mit seinem Wagen fährt uns hinterher. Wir denken „ah gut, wir scheinen richtig zu sein“, und er denkt „ah, die wissen wo es durch geht“, aber in Wahrheit sind alle verwirrt am rumkurven. Endlich finden wir einen Ausgang (Kiesstrasse) und landen direkt am Grenztor Iran-Irak. Alles schnell und problemlos erledigt!
11:00
Wir müssen auf der iranischen Seite das Fahrzeug parkieren und gehen zu Fuss zu den Irakis. Wir gehen ins erste Büro. Keiner spricht Englisch! Einer nimmt unsere Pässe, ist verwirrt, wartet 5 Minuten, sieht einen Kollegen und sagt dem, er solle uns mitnehmen. Wir gehen ein paar hundert Meter mit, und er sagt wieder einem anderen er solle uns weiter mitnehmen. Dieser nimmt uns mit in eine Gasse voller Baracken. Anscheinend weiss keiner was sie mit uns machen sollen. Völlige Ahnungslosigkeit der Mitarbeiter, so kommt es uns vor. Wir landen in einem Büro in einem der Baracken. Dieser Angestellte, in langem Gewand, ruft per Telefon endlich einen zu sich, der etwas Englisch kann. Dieser erklärt uns, dass heute (Neujahr) ein Feiertag sei und er nicht sicher ist, ob wir einreisen können. Aber im Moment seien sowieso die Mitarbeiter am Schlafen, und wir sollen in einer Stunde wiederkommen!
11:30
Zurück beim Iveco stehen ein paar Iraner, füllen noch einen Zettel aus und wir fahren 10 Meter auf die andere Seite des Stahltores. Jetzt ist auch der Iveco auf Irakischem Boden.
11:40
Eine Stunde warten, eine Suppe kochen und essen und aus dem Fenster die Iranische und Irakische Flagge nebeneinander wehen sehen. Kommt alles gut, fragen wir uns?!
12:30
Wir gehen also zurück in die Baracken-Gasse in das runtergekommene Büro zum einzigen Mann, der ein wenig Englisch spricht. Dort treffen wir wieder den älteren Kuwaiti, den wir bereits auf der Iranischen Seite auf dem riesigen „Gate 3“ Parkplatz trafen. Wir werden in ein naheliegendes Baracken-Büro geschickt wo wir das Carnet de Passage abgeben und der Mann damit sein Formular ausfüllt. Ein sehr langwieriger Prozess, da er das Carnet de Passage nicht lesen kann und mit Google Translate versucht zu übersetzen! Jetzt kommt auch der ältere Kuwaiti und kann uns zum Glück helfen! Er übersetzt für uns (vor allem die unbekannte Automarke Iveco gibt dem Zöllner zu schaffen) und wir kommen endlich einen Schritt weiter.
13:00
Zurück im Büro des Englischsprechenden müssen wir 100$ bezahlen (Temporäre Fahrzeugeinfuhrgebühren). Langsam entwickelt sich ein Stapel Papier aus Kopien unserer Dokumente und Quittungen.
13:15
Mehrere hundert Meter zurück (in der Nähe vom Iveco) gehen wir zur Einwanderungsbehörde. Wir warten 5 Minuten bis uns einer die Zettel zum Ausfüllen gibt.
13:25
Die Dokumente haben wir ausgefüllt. Warten.
14:00
Endlich bekommen wir unsere Visa. Das Visum wird in den Pass geklebt, vom Zöllner ausgefüllt und abgestempelt. Kosten: 152$.
14:10
Zurück in der Containergasse wo wir vor einer Stunde waren. Warten da die Mitarbeiter beim Mittagessen sind.
14:25
Wieder treffen wir den liebenswerten Kuwaiti der wie wir versucht weiterzureisen. Wir gehen in eines der Büros (in Baracke). Jetzt müssen wir 50$ bezahlen, haben aber nicht wirklich eine Ahnung für was. Wieder wird etwas kopiert und der Papierstapel wächst.
14:45
Zurück zum Fahrzeug mit viel Papier. Der Irakische Zöllner wirft einen kurzen Blick in unser fahrendes Zuhause.
15:00
Und wieder zurück in die Container-Gasse. Wir kennen uns langsam aus auf dem Zollgelände :-). Warten. Alle Papiere werden drei Mal kopiert und das Carnet de Passage bekommt einen Stempel (unterster Abschnitt wird nicht abgetrennt. Eigentlich falsche Handhabung!)
15:15
Papiere abgeben bei einem Büro neben dem Iveco. Im Gegensatz zum Iran sind hier einzelne Zöllner nicht besonders freundlich. Das Fahrzeug wird noch einmal kurz untersucht. Einer der drei Stapel Papiere wird weitergegeben. Allgemeines verwirrtes rumstehen und plaudern mit den zum Teil Iranisch-unfreundlich-gesinnten Irakischen Zöllnern.
15:45
Wir fahren endlich los. Beim zweitletzten Kontrollposten werden die zwei weiteren Papierstapel (Kopien von unseren Dokumenten mit vielen Unterschriften und einigen Stempeln drauf) kontrolliert. Wir steigen ein und könnten losfahren. Aber einer der Stapel (mit Originalquittungen) müssen wir doch behalten?! Wir steigen wieder aus und verlangen einen der Stapel zurück. (ohne diesen können wir nicht ausreisen, bemerken wir später)
16:00
Endlich los! Die letzte Schranke, wo die Pässe nochmals kontrolliert werden. Wir können passieren und sind endlich im Irak.
Was für eine Tortur! 5 Stunden 45 Minuten! 5 Stunden davon bei den Irakis!
Grenzübertritt Irak – Kuwait:
18:00
Es ist bereits dunkel als wir am irakischen Grenzposten ankommen. Einmal aus der Stadt raus (übrigens ist Basra die zweitgrösste Stadt Iraks) wurde auch der Verkehr weniger und wir bewältigen die 70 km auf der sehr guten Autobahn recht „schnell“.
Die erste Schranke können wir schnell passieren, die Beamten sind sehr freundlich. Kurz darauf werden wir wieder angehalten. Einige Männer sitzen um ein kleines Feuer, keiner trägt eine Uniform. Sieht irgendwie dubios aus für einen Grenzposten… Zwei springen auf und wollen irgendwelche Papiere von uns. Englisch spricht keiner. Wir reichen ihnen unsere irakischen Zolldokumente, einer schaut kurz darauf, klammert sich anschliessend an unser Fenster und sagt, dass wir losfahren sollen. Alles geht sehr schnell, wir kommen kaum nach. Nach einigen Metern fahren begreifen wir, dass es sich bei diesen Männern um „Grenzhelfer“ handelt. Wir halten an, verlangen unsere Dokumente zurück und sagen dem an unserem Fenster hängenden Mann, dass wir keine Hilfe wollen. Ganz erstaunt und durchaus nicht erfreut, jedoch ohne weitere Diskussionen, lässt er von uns ab. Nun fahren wir ziemlich planlos über das eher dunkle, nicht sehr belebte Zollgelände. Vorbei an einer Ansammlung von Barackenbüros, ähnlich denen von heute Morgen. Uns schwant Böses… Endlich stehen wir vor einem beleuchteten Tor (Ausreisetor!), wo einige Uniformierte rumstehen. Wir zeigen ihnen unsere Dokumente und es gibt bereits eine kurze Fahrzeugdurchsuchung. Doch bald merken sie, dass wir noch keinerlei Formalitäten erledigt haben und schicken uns zu den Barackenbüros! Nun haben wir den Salat! Im einzigen Büro, bei dem etwas angeschrieben ist (auf Arabisch), strecken wir unsere Zolldokumente hinein. Der Beamte schaut kurz auf unsere Papiere und schickt uns mit einer Handbewegung nach rechts. Nicht ganz einfach, unter den ca. 20 Büros das richtige zu finden, wenn nichts angeschrieben ist. Zudem haben die meisten keine Fenster, so dass man nicht mal sieht, ob überhaupt jemand in der Baracke ist. Erschwerend ist auch, dass um diese Uhrzeit fast keine anderen Leute hier sind. Unterwegs treffen wir unserer kuwaitischen Freund nochmals, der aber irgendwie gestresst wirkt und uns hier nicht mehr helfen will/kann. Wir laufen verwirrt umher und sehen jemanden in eine der Baracken verschwinden. Los hinterher! Doch auch hier sind wir offensichtlich falsch. Der junge Mann in langem Gewand und Mantel, dem wir hinterhergelaufen sind, sagt nur: „pay money“. Viel mehr Englisch spricht er nicht. Wir gehen mit ihm nach draussen, wo einige Kuwaitis in ihrem Auto auf ein Dokument warten. Sie helfen uns mit Übersetzen: Wir sollen dem jungen Mann 20 Dollar bezahlen und er werde uns helfen, die Formalitäten zu erledigen. Dies alleine zu probieren, sei Zeitverschwendung. Wir sind langsam mit den Nerven am Ende und müde! Wir kratzen unsere letzten kleinen Dollarnoten, sowie die restlichen irakischen Dinare (als Herausgeld bei der Einreise erhalten) zusammen und übergeben diese dem eher harschen Mann namens Ali (gesamthaft ca. 12 Dollar). Wir laufen mit ihm wieder ins erste Büro (wirklich jetzt?), werden aber gleich weitergeschickt. Nun geht’s mit dem Auto in einen anderen, etwas helleren Bereich, wo er Stefan in ein winziges Büro schickt. Nun beginnt die kurioseste Szene des Tages. Das erste, was er von dem Mann im Büro in sehr unfreundlichem Ton zu hören bekommt ist: „money, money“. Stefan kommt zurück ins Auto und ist kurz davor, den Bettel hinzuschmeissen und am nächsten Morgen nochmals zu probieren. Nun schreitet Ali ein. Stefan und er gehen nochmals ins Büro, Ali redet dem Mann gut zu, hilft ihm einen Stempel auf die Rückseite unserer Dokumente zu machen und diktiert ihm die Angaben, welche er auf einem zusätzlichen Zettel ausfüllen muss! Auch von Ali verlangt der Mann Geld, doch mit viel Zureden und viermal auf den Kopf küssen (kein Witz!), geht’s dann doch ohne Bezahlung!!! Stefan hat anhand des Sprechens und den Bewegungen den Eindruck, dass der Mann in diesem Büro effektiv geistig behindert ist! Auch Ali sagt dazu nur „crazy man“! Weiter geht’s zur Passkontrolle, wo es zügig und geregelt zu und hergeht. Dann wieder mit dem Auto zurück den Barackenbüros, zuerst zum Kopierbüro, dann in die bereits bekannten Büros, wo wieder irgendwelche Stempel und Unterschriften auf die Rückseiten unserer Dokumente gemacht werden. Schlussendlich landen wieder bei den Uniformierten beim Ausgangstor. Ali rennt noch mit irgendeinem Papier in ein Büro, ein Polizeihund schnüffelt die Aussenseiten unseres Autos ab und dann können wir endlich Ausreisen! Es war sehr turbulent und nervenaufreibend, jedoch haben wir gesamthaft, mit der Hilfe von Ali, trotzdem nur eine Stunde zum Ausreisen gebraucht. Uns kam es jedoch viel länger vor!
Einreise Kuwait 19:00:
Jetzt geht’s weiter an den Grenzposten der Kuwaitis, wo die Beamten zum Glück Englisch sprechen und sehr freundlich und hilfsbereit sind! Bei der Passkontrolle sind wir in ca. 10 Min. durch. Das Visum haben wir bereits im Voraus online beantragt und bezahlt. Dann geht’s zum Zoll, wo sich die Prozedur dann doch irgendwie in die Länge zieht! Immer wieder gibt’s Wartezeiten, das Ausstellen der Fahrzeugdokumente ist etwas chaotisch, dann muss ein grosses Röntgengerät (eine Art LKW mit seitlichem Bogen) noch über das Auto fahren und eine kurze Fahrzeugdurchsuchung wird durchgeführt. Auch müssen wir nochmals zurück zur Passkontrolle, da uns der Zöllner nur ein Visum für 20 Tage ausgestellt hat und nicht gemäss Onlinevisum für drei Monate. Uns wir jedoch mitgeteilt, dass hier an der Grenze nur Visen für einen Monat ab Ausstellungsdatum gewährt werden! Eine Verlängerung wäre nur am Flughafen möglich. Dass Visen ab Ausstellungsdatum gelten und nicht ab Einreisedatum, macht zwar absolut keinen Sinn, aber machen können wir hier nichts mehr. Wir werden uns später darum kümmern. Zu aller Letzt möchte uns noch der Chefzöllner sehen. Wir werden in sein Büro geführt, er offeriert uns Tee und erzählt, dass er stolzer Besitzer von 60 Kamelen sei und uns auf seine Farm einladen möchte. Das kommt nun doch sehr unerwartet! Wir schätzen das Angebot ja sehr, aber es ist bereits nach 21.00 Uhr und nach 10 Stunden Grenzprozeduren sind wir doch etwas geschafft… Wir lehnen das Angebot dankend ab. Eigentlich schade, wäre sicher interessant gewesen. Er lässt uns trotz der Absage einreisen ;-). Nach drei Stunden haben wir es endlich geschafft.
21:45
Wir sind in Kuwait! Nun fahren wir noch ca. 1 1/2 Std. über eine unerwartet schlechte Teerstrasse voller Schlaglöcher bis an den Rand von Kuwait City. Auf einem grossen Parkplatz eines Einkaufszentrums verbringen wir eine ruhige Nacht.