Iran Teil 2, Westen

 

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9.12.2022

Qazvin – Hesar Valiasr, Iran

Km: 140

Km Total: 22’630

Leider ist unser letztes angesteuertes Ziel in Qazvin geschlossen. Der grösste Wasserturm (mit nur einer Kuppel) im Iran aus dem Jahre 1812. Schade, Pech gehabt. Nun ab, in einen Supermarkt zum Einkaufen. Das Einkaufen im Iran in Supermärkten hat seine Vor- und Nachteile. Das Gute ist, dass man nicht schauen muss woher die Produkte stammen, das allermeiste ist aus dem Iran selbst :-). Das weniger gute ist, dass man die Ablaufdaten weder lesen noch verstehen kann, denn sie sind in Farsi angeschrieben und entsprechen dem iranischen Kalender. Im Moment haben wir das Jahr 1401. Aber bis jetzt hatten wir keine Bauchschmerzen ;-). 

Wir erreichen bald unser nächstes Ziel und finden sogar nach kurzem Suchen einen wunderbaren Schlafplatz wo uns niemand von der Strasse aus sehen kann.


 

10.12.2022

Hesar Valiasr – Katale Khor Höhle, Iran

Km: 120

Km Total: 22’750

Nach einer ruhigen Nacht in der Natur, machen wir uns auf zu unserem eigentlichen Ziel, die Kharraqan Grabtürme. Auf der grossen Ebene können die zwei Türme, die wie Kamine aus dem Boden ragen, nicht übersehen werden. 

Sie stehen auf dem Gelände eines kleinen Friedhofs und sind frei zugänglich. Wir sind die einzigen Besucher, weit und breit ist kein Mensch zu sehen, nur einige Autos fahren vorbei. Die Türme stammen aus dem frühen 11. Jahrhundert und sind vor allem wegen ihrer reichhaltigen Verzierungen mit vielfältigen Mustern aus Backsteinen sehenswert. Jede Seite der oktogonalen Türme wurde mit verschiedenen Mustern aufwändig dekoriert. Trotz anfänglicher Skepsis, sehen wir doch nach und nach die Besonderheit dieser kunstvollen Arbeiten ;-). 


Für wen diese prächtigen Grabmäler erbaut wurden, ist nicht bekannt. Wegen der Ähnlichkeit zu einem in Bukhara, Uzbekistan, stehenden Grabturm, wird vermutet, dass sie zu Ehren eines ursprünglich aus Zentralasien stammenden Militärkommandanten erstellt wurden. Trotz unserer Winterjacken wird’s uns hier langsam zu kalt und wir machen uns auf den Weg. Die weitere Strecke ist nicht allzu attraktiv, in der vorwiegend flachen Gegend wird intensiver Ackerbau betrieben und die zu dieser Jahreszeit braunen Felder sind mässig interessant. Wir kommen in die Kleinstadt Nur-Abad, wo wir in einem kleinen Sandwich-Laden eine Kleinigkeit essen wollen. Ein junger Mann namens Ali Reza strahlt uns entgegen und bereitet uns zwei köstliche Falafel-Sandwiches zu. Als es ums Bezahlen geht, besteht ein anderer Gast darauf, unser Essen zu bezahlen! Wir zeigen Ali Reza noch kurz den Camper, als ihm seine Schwester Samira eine Nachricht schreibt, dass sie uns auch noch gerne kennenlernen möchte. Er lädt uns zum Tee zu sich nach Hause ein, um dort auf Samira zu warten. Wir lassen uns auf die Einladung ein. Sein Haus resp. das Haus seiner Eltern ist gleich hinter dem Sandwich-Laden. Er zeigt uns mit Freude den grossen Garten, wo im Sommer Tomaten, Zwiebeln, Petersilie, Melonen, Weintrauben etc. gedeihen. Auch ein Walnussbaum sowie verschiedene Obstbäume bereichern den Garten. Auch toll ist der hauseigene Holzofen für Fladenbrot, der jedoch eher in den wärmeren Jahreszeiten benützt wird. Nun treten wir ein ins Herzstück jeder iranischen Wohnung: das vollständig mit Teppichen ausgelegte Wohnzimmer. Wir machen es uns im wohlig geheizten Raum (Gasofen) am Boden gemütlich und bekommen schon bald von Ali Rezas kleiner Schwester eine Tasse Tee serviert. Bald gesellt sich der Vater dazu, dann kehrt auch die Mutter heim und es wird uns weiterer Tee, hauseigene getrocknete Weinbeeren und Nüsse sowie Mandarinen aufgestellt. Dann trifft Samira, die ältere Schwester von Ali Reza, ein und wir unterhalten uns mit den interessanten jungen Leuten (leider vorwiegend mit Google-Translate). 

Später trudeln auch noch zwei Tanten ein, die sich in die ungewöhnliche Runde gesellen :-). Da wir ihr grosszügiges Angebot, bei ihnen zu übernachten, ablehnen, wird uns kurzerhand noch je eine Schale mit leckerer herzhafter Suppe/Eintopf (Ash Reshteh) aufgetischt. In der dicken Suppe sind unter anderem Spinat, Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Kräuter und Kashk (eine Art fermentierter Sauerrahm) enthalten. Ein Gaumenschmaus :-). Aus unserer kurzen Mittagspause wurde ein vierstündiger Aufenthalt bei der herzlichen und sehr gastfreundlichen Familie von Ali Reza. Auch diese Begegnung wird uns in bester Erinnerung bleiben! 


Nach weiteren zwei Stunden Fahrt erreichen wir die Katale Khor Höhle, wo wir auf dem Parkplatz eine ruhige Nacht verbringen.

 

11.12.2022

Katale Khor Höhle – Ali Sadr Höhle, Iran

Km: 120

Km Total: 22’870

Aus dem Bett steigen, frühstücken und ab in die Höhle. Wir sind absolut die einzigen Gäste, und so werden extra für uns die Tore zur Höhle geöffnet und das Licht eingeschaltet. Wir bekommen eine Privatführung, vielleicht auch aus dem Grund, dass wir in der riesigen Höhle nicht verloren gehen :-). Über einen Kilometer gehen wir in die Höhle rein! Und das ist nur ein kleiner Teil der mehrstöckigen Riesenhöhle, der für die Öffentlichkeit zugänglich ist.  

Die 3 Millionen Jahre alte Höhle ist für einige Forscher eine der interessantesten und spektakulärsten Kalksteinhöhlen überhaupt. 

Diese, auch für uns, absolut beeindruckende Höhle fanden wir nicht etwa in unserem Reiseführer, sondern bekamen den Tipp von Javid (In Zanjan zu Hause zum Essen eingeladen). Wir ziehen los und fahren 100km von einer Höhle zur nächsten. In dieser Gegend des Irans ist man immer auf einer Höhe um die 2000m unterwegs. Eine riesige Hochebene erstreckt sich bis an den Horizont. Das Wetter ist momentan kalt und so kommt es, dass wir unterwegs überrascht werden von Skulptur–ähnlichen, mit Eis bedeckten Sträuchern. 

Wir kommen endlich bei der Ali Sadr Höhle an, unserem heutigen Ziel. Wir können anhand der mehreren riesigen Parkplätze nur erahnen, wie viele Leute in der Hochsaison diese Höhle besuchen. Bereits abends um 7 Uhr liegt die Temperatur um den Gefrierpunkt. Da unser Wassertank momentan nicht geheizt werden kann, lassen wir lieber das Wasser aus dem Tank. Das Risiko eines gerissenen Tanks wollen wir nicht eingehen!

 

12.12.2022

Ali Sadr Höhle – Hamadan, Iran

Km: 70

Km Total: 22’940

Heute bleiben wir etwas länger unter der warmen Decke als sonst. Bei den eisigen Temperaturen (ca. -7 Grad) geht es um die 40 Minuten bis der Camper aufgeheizt ist und wir dann bei wohliger Wärme zmörgele können ;-). Um zum Eingang der Ali Sadr Höhle zu gelangen, durchqueren wir zuerst einen grossen Park, wo im Sommer allerhand Verpflegung und Vergnügungsmöglichkeiten angeboten werden. Momentan ist alles im Winterschlaf. Am Ticketschalter erstehen wir für je Fr. 10.- ein Ticket; für den Iran ein hoher Eintrittspreis. Übrigens zahlen ausländische Touristen bei jeder Sehenswürdigkeit höhere Eintrittspreise als die Einheimischen (ca. das 10-fache). Am Eingang zur Höhle werden uns Schwimmwesten in die Hände gedrückt und das Tor in die Tiefen des Berges öffnet sich. Der erste Teil der Höhle kann nur mit Boot besichtigt werden. Der Bootsführer im Pedalo rauscht heran, wir steigen in eines der vier aneinander gebundenen Boote und los geht die Fahrt. Wir gleiten lautlos durch das glasklare Wasser, dass an einigen Stellen bis 62 m tief ist! Die Fahrt führt durch teils sehr enge Felspassagen, bis man sich wiederum in riesigen Hohlräumen, geschmückt mit bizarren Felsformationen, wiederfindet. 

Nun geht’s zu Fuss weiter, über schwimmende Stege oder künstlich angelegte Treppen und Wege. Die Höhle ist sehr gut ausgebaut. Natürlich gibt es auch hier viele Stalaktiten und Stalagmiten sowie weitere Tropfsteine in kuriosen Formen und verschiedenen Farben. Wir sind immer wieder beeindruckt, welche Kunstwerke die Natur über Jahrtausende in solchen Höhlen geschaffen hat. Für den Rückweg steigen wir wiederum ins Boot, aber fahren nicht etwa den gleichen Weg zurück, denn es gibt noch einen weiteren Wasserweg der zum Ausgang führt!

Die Ali Sadr Höhle zählt übrigens zu einer der grössten Wasserhöhlen weltweit! Unsere Reise geht weiter in die Stadt Lalejin, bekannt für seine hochwertigen Töpferprodukte. Und das ist definitiv nicht zu übersehen! An der Hauptstrasse reihen sich Geschäft an Geschäft, die nichts Anderes als Geschirr, Vasen, Dekoration etc. aus Ton verkaufen. 

Wir verziehen uns erst Mal in ein schönes traditionelles Restaurant im Untergrund, wo wir Dizzi und einen Poulet-Spiess serviert bekommen. Die Servicefrau bemerkt wohl, dass ich das Dizzi-Töpfchen etwas unbeholfen anschaue, denn sie eilt mir zu Hilfe und bereitet mir das Gericht zu. Es handelt sich übrigens um das bereits im Bericht vom 20.11 beschriebene Eintopfgericht mit den deftigen Fettstücken. Diese Stücke werden nun mit der Flüssigkeit in eine Schale geleert und mit dem Stampfer zerdrückt, so dass sich das Fett schön mit der Suppe vermischt. Zu meinem Glück hält sich Dame zurück und löffelt einen Teil des Fett wieder ins Töpfchen zurück :-). Nun kommt noch Brot, ein Stück Fleisch, Kartoffeln und Kichererbsen in die Schale und fertig ist der Dizzi Mix. Das Fett gibt der Suppe den typischen böckeligen Geschmack! Für uns schon etwas gewöhnungsbedürftig, aber doch eigentlich ganz lecker.


Nun wollen wir aber noch einige Souvenirs erstehen und stechen in einen grossen Geschirrladen hinein. Da wir etwas knapp bei Zeit sind und es soooo viele ähnliche Läden gibt, kaufen wir in diesem einige tolle Sachen. Wir erreichen bei Einbruch der Dunkelheit die Stadt Hamadan (1’850 m.ü.M), haben keine Lust in der Stadt zu campen und nehmen uns deshalb ein günstiges Hotel.

 

13.12.2022

Hamadan, Iran

Aus dem Hotel raus und direkt auf den Bazar zum Shoppen. Die unbeschreiblichen Düfte der Gewürzstände dringen zu unseren Geruchssinnen ein und verzaubern uns immer wieder aufs Neue. Wir kaufen eine Tee-Mischung bestehend aus dem halben Tee-Stand und eine aus 24 verschiedenen Gewürzen bestehende Würzmischung zum Kochen.

Bei der Mischung fragen wir den Verkäufer, für was für Gerichte dies gut sei. Er antwortet „For all food“ :-). Naja, dann kann nichts schief gehen beim Kochen. Die Bazare hier im Iran sind übrigens äusserst angenehm! Niemand dreht einem etwas an und oft haben sie einfach Freude an Touristen und man bekommt ein freundliches „hello, welcome to Iran“ zugerufen. Der Bazar ist nach wie vor ein Ort, wo viele Leute ihre Einkäufe tätigen, und Supermärkte noch die Ausnahme sind. Gleich neben dem Bazar bestaunen wir wieder einmal mehr eine Moschee mit ihren Türkis-Mosaiken an den Türmen und Portalen.

Hamadan ist nicht bekannt als Ziel für westliche Touristen, dennoch überrascht uns die Stadt mit einigen schönen Ecken. Insbesondere ist auch der autofreie Imam Khomeini Zentralplatz der Stadt mit seinen historischen Gebäuden ringsherum eine Pracht.

Wir treffen auf einen Strassenmusikanten mit seiner Gitarre, der iranische Lieder singt. Eine Seltenheit in Iran, denn Strassenmusiker sind im Land kaum erlaubt! Und plötzlich sprechen uns zwei Männer an. Reza und Saeid, beide knapp 30 Jahre alt. Sie sprechen beide sehr gut Englisch und fragen woher wir kommen und was wir denn im Iran so machen. Kurz darauf bieten sie an, mit uns Zeit zu verbringen. Das gemeinsame Sightseeing macht Freude, aber wirklich interessant sind die etwas deprimierenden Gespräche über das wahre Leben im Iran für junge Leute. Eine Aussage bleibt uns besonders. Einer der Jungs erzählt uns, dass er keine Kinder haben will, solange diese im heutigen Iran aufwachsen müssen! Als Kind könne man nichts dafür ob man, wie wir, in der Schweiz geboren werde oder wie sie, in einem repressiven Land wie dem Iran. Aber als Eltern sei man verantwortlich in was für eine Welt man seine Kinder stellt.

Genug davon, Reza und Saeid nehmen uns zwischen dem Sightseeing mit zum Mittagessen. Wir landen in einem Lokal, das wir selbst nie gefunden hätten. Spezialisiert auf Eintopf, Suppe und pürierte Dips. Genau nach unserem Geschmack!

Die Iranische Küche hat doch einiges mehr zu bieten als Kebab und Reis :-) und dieses Essen ist wirklich extrem lecker!

Wir werden auch wieder nach Hause zu Reza eingeladen für das Abendessen. Aber für uns war der Tag so ereignisreich, dass wir etwas Ruhe und Zeit für uns benötigen. Ein weiterer Tag im Iran mit sehr lieben Leuten. Wir geniessen ein paar ruhige Stunden im Hotel bevor wir am Abend spät nochmals zum Zentralplatz gehen um etwas Kleines zu Essen.

 

14.12.2022

Hamadan – Kangavar, Iran

Km: 70

Km Total: 23’010

Bevor wir die Stadt verlassen, decken wir uns in einem Gemüseladen noch mit dem nötigsten ein. Es gibt in den grossen Städten mittlerweile einige grössere Supermärkte, die jedoch kein Gemüse verkaufen. Das iranische Stadtbild im Allgemeinen ist sehr stark geprägt vom Kleingewerbe. Wir staunen immer wieder wie viele kleinste Läden und Stände aller Art es hier gibt. Und natürlich gibt es in jeder Stadt ein Bazar-Viertel. Bis wir die Stadt schliesslich verlassen ist auch schon bereits Mittagszeit und auf dem Weg zu einer naheliegenden Sehenswürdigkeit, machen wir Halt in einem kleinen Restaurant.

Wir haben Glück und es gibt eine schmackhafte Ash-Suppe und einen Käse-Wurst Spiess. Während dem Essen trifft der hauseigene Bäcker ein und heizt seinen Stein-Gasofen ein. Der Teig ist bereit und der fröhliche Mann demonstriert uns mit Freude und Stolz wie er seine Fladenbrote herstellt. Er trennt ein Stück vom grossen Teig ab, wallt es aus, legt es auf eine gewölbte Form mit Griff hinten dran und drückt es damit an die heisse Steinwand im Ofen. Das dünne Brot ist schnell fertig gebacken und wird uns mit getrockneten Kräutern bestreut, ofenwarm serviert. Köstlich! Weiter geht’s in ein beliebtes stadtnahes Naherholungsgebiet, an den Ausläufern des 3574 m hohen Berg Alvand liegend, mit Gondelbahn, Rodelbahn, Wasserfall und der kleinen historischen Sehenswürdigkeit Ganj Nameh, zwei in Granit gemeisselte Inschrifttafeln. In drei verschiedenen Schriften (Altpersisch, Neubabylonisch, Neuelamitisch) wurden hier vor ca. 2500 Jahren die Siegeszüge des Königs Darius sowie Danksagungen an die zoroastrische Gottheit Ahura Mazda aufgezeichnet.   

Bevor wir weiterziehen, gönnen wir uns an einem der kleinen Stände ein Schälchen Laboo, gekochte, süssliche Randen. Wir sind mittlerweile grosse Fans dieses weitverbreiteten iranischen Snacks! Für uns geht’s weiter bergauf, über einen 2800 m hohen Pass des Alvand Gebirges. Der Schnee rückt näher und leider auch der Nebel. Es gibt hier übrigens auch einen kleinen Skilift, der jedoch noch nicht in Betrieb ist. 

Entlang der Bergstrasse wollen wir bei einer Quelle unseren Wassertank füllen. Doch wir sind nicht die Einzigen hier! Gutes Trinkwasser ist im Iran ein rares Gut und viele Leute aus der Stadt Hamadan kommen mit ihren Kanistern hierher, um von diesem hervorragenden Bergwasser zu holen. Auch wir nutzen die Gelegenheit und stürzen uns mit zwei grossen Plastikflaschen ins Gedränge. Für uns sind die vielen Leute nicht gerade ideal, da wir die zwei Flaschen in den Tank leeren und gleich wieder anstehen müssen. Natürlich fallen wir mit unserer Füllmethode auf und werden immer wieder vorgelassen. Auch helfen uns einige freundliche Herren mit ihren 20 Liter Kanistern aus! So haben wir schon bald unseren Tank gut halb voll (ca. 150 Liter) und fahren zufrieden, aber mit klitschnassen Schuhen, weiter.

Die Strasse ist gut befahrbar, es liegt nur wenig Schnee. Leider sind wir auf der Passhöhe im stockdicken Nebel und so fahren wir gleich weiter dem Tal entgegen. Wir finden einen schönen Übernachtungsplatz umgeben von Walnussbäumen, die in dieser Region sehr häufig sind.


 

15.12.2022

Kangavar – Bisotun, Iran

Km: 120

Km Total: 23’130

Die Tage im Iran sind in letzter Zeit geprägt von Autofahren, Sehenswürdigkeiten und Leute treffen. Was eindeutig zu kurz kommt ist Bewegung und Pausentage. Dem einen wirken wir etwas entgegen und wandern eine halbe Stunde bei der „Burg“ in der Gegend rum. Naja eine „Burg“ laut Google Maps, aber tatsächlich nur ein riesen Haufen brauner kompakter Erde :-). Trotzdem tut die Bewegung gut!

Auf den Mittag sind wir in der nahegelegenen Stadt Kandavar, wo wir den aus dem 1. Jhdt. v.Chr. stammende Anahita Tempel besuchen. Es ist nicht mehr viel übrig, aber die übriggebliebenen monströsen Säulen und der Riesenplatz mit seinen Treppen zeugen noch heute von seiner unglaublichen Grösse die er hatte. 


Es geht weiter. Wir fahren bis in ein kleines Städtchen und gehen Brot kaufen. Naja, nichts Besonderes, aber da wir ja im Iran sind, lohnt es sich sogar über das Brot einkaufen zu berichten. Wir sehen eine Bäckerei, die frische Fladenbrote backt. In der Bäckerei ist ein Ofen mit einer grossen, langsam bewegenden Drehscheibe. Ein Bäcker legt den flachen Teig auf der einen Seite auf die Scheibe, der andere nimmt das frischgebackene Brot auf der anderen Seite wieder von der Scheibe weg und händigt es den Kunden aus. Zu unserem Erstaunen sind hier beim Anstehen die Geschlechter getrennt. Frauen links des Ausgabetischs und Männer rechts. Wir warten 15 Minuten bis wir unsere zwei heissen Brote bekommen. Wir sind womöglich die ersten Touristen die hier Brot kaufen :-). 

Vor der Weiterfahrt landen wir noch in einer Confiserie und bekommen neben den ungesunden Süssigkeiten noch zwei grosse Gläser Karottensaft aufgetischt. Gut genährt fahren wir weiter durch die bergige, aber leider graue, wolkenverhangene Gegend. Unser Dieseltank sollte nun aber auch mal wieder gefüllt werden. Wir haben ja in den letzten Tagen zweimal keinen Diesel bekommen. Bei der ersten Tankstelle werden wir vom dem jungen Tankwart gebeten, neben ein kleines Häuschen zu fahren, ohne Zapfsäule versteht sich. Er kann uns an der Zapfsäule keinen Diesel geben da wir ja keine Dieselkarte haben. Er holt aus dem Raum einen 20L Kanister mit Diesel, wir stellen diesen auf den Ersatzreifen und füllen mit einem Schlauch die 20L in unseren Tank. Kostenpunkt: 2 Franken. Naja immerhin 20L ;-).

Wir versuchen unser Glück einige Kilometer weiter bei der nächsten grösseren Tankstelle. Hier scheint alles kein Problem zu sein. Mutter und Tochter betreiben die Tankstelle und wir können problemlos 100L tanken zu einem Preis von 15 Rappen pro Liter. Dies scheint der gängige Preis für Touristen zu sein. Die LKW-Fahrer mit ihren kontingentierten Dieselkarten bezahlen knapp 1 Rappen pro Liter! 


Die Tankwartin ist erstaunt, dass wir alleine unterwegs sind, denn anscheinend ist diese Tankstelle auch bei Wohnmobil-Reisegruppen bekannt. Sicher ein gutes Geschäft. Wir sehen leider nicht genau dahinter, woher sie eine Dieselkarte für Leute wie uns organisiert. Angekommen bei unserem Ziel Bisotun nächtigen wir in einer Parkanlage mit vielen Picknickplätzen und Bungalows.

 

16.12.2022

Bisotun – Bisotun, Iran

Km: 20

Km Total: 23’150

Auch die Iraner sind ein begeistertes Picknickvolk, dies ist definitiv ein Teil ihrer Kultur (analog Türkei)! Da heute „Sonntag“ (Freitag) ist, füllt sich unser Übernachtungspark gegen Mittag langsam mit Gruppen von Familien und Freunden, die sich zum picknicken treffen. Einige mieten sich ein geheiztes Häuschen (natürlich mit Teppichen ausgelegt ;-), andere sitzen „nur“ unter einem Unterstand oder auf einer Decke im Gras. Obschon wir etwas versteckt sind, werden wir von einer Gruppe junger Leute entdeckt, die sich interessiert unseren Camper anschauen und uns natürlich zum Mittagessen einladen. Wir wollen weiterziehen, jedoch kommen wir nicht davon, ohne von den liebenswerten Leuten einen Teller voller Früchte geschenkt zu bekommen! Wir sind jeden Tag von neuem überwältigt von der immensen Gastfreundlichkeit der Iraner! Wir nehmen Abschied und fahren den kurzen Weg zur archäologischen Stätte Bisotun. Allein deren spektakuläre Lage am Fusse des hohen Bisotun-Felsmassivs begeistert uns! In diese mächtige Felswand wurde hoch über dem Boden das berühmte 18m x 7m grosse Darius-Relief eingemeisselt, welches den Sieg von König Darius über seinen Hauptgegner Gautama darstellt sowie grosse Inschriftentafeln (wieder in drei Sprachen!) mit wichtigen historischen Ereignissen enthält. Es stammt aus dem 521. Jdth.v.Chr. Leider wird das Relief seit Jahren von einem Gerüst fast verdeckt, so dass man kann das historische Kunstwerk vornehmlich von Weitem und mit Fernglas bestaunen muss! Um einen besseren Blick zu bekommen, haben wir noch eine kurze Kletterpartie unternommen, aber leider ohne besonderen Erfolg ;-).

Ein noch grösseres Kunstwerk wäre ein paar hundert Meter entfernt entstanden. Hier wurde eine riesige Fläche des Felsens (200m x 33m) glatt abgeschliffen und vorbereitet für ein gigantisches Felsenbild. Ausser einem kleinen eingemeisselten Kopf, wurde das Vorhaben jedoch nie vollendet. Ein kurioses und beeindruckendes historisches Überbleibsel! Hätten wir uns jedoch nicht in einer archäologischen Stätte befunden, hätten wir beim Anblick der Wand eher an die Vorbereitung eines Steinbruchs gedacht ;-). Wir schlendern noch eine Weile durch den Park, besichtigen weitere kleinere Reliefs, Inschriften und Statuen, halten für einige Selfies mit sympathischen aber flüchtigen Bekanntschaften her, werden beschenkt mit Biscuits und machen uns anschliessend auf den Weg zu einem bekannten Picknickplatz inmitten einer schönen Bergkulisse, wo wir unser Nachtlager aufschlagen.

 

17.12.2022

Bisotun – Kermanshah, Iran

Km: 40

Km Total: 23’190

Wir verlassen den schönen Übernachtungsplatz und kommen schon bald in der Stadt Kermanshah an. Auf der kurzen Strecke, entlang einer Militärbasis, begegnen uns mehrere Beton-Elemente mit Schriftzügen „Down with Israel“ oder „Down with System USA“.

Angekommen in der Stadt essen wir erst mal ein „Ash“ und streifen gleich durch den Bazar. Auffallend ist, dass viele Stände anfangs Nachmittag für etwa drei Stunden Siesta haben.

Vieles ist zu. Aber der Laden wird nicht etwa abgeschlossen, sondern ein Stock liegt quer im Weg. Gestohlen wird hier anscheinend nichts :-). Wir suchen uns in einer Nebengasse ein hippes Kaffee und landen in einer kleinen nebligen rockigen Kaffeebar, wo nicht nur die jungen Männer, sondern auch die kopftuchlosen jungen Frauen am Zigaretten rauchen sind (sehr ungewöhnlich im Iran!). 


Wieder im Stadtgetümmel sehen wir ein eher erschreckendes Bild: Die vielen Müllsammler in der Stadt (auch in anderen iranischen Städten). Meist hagere, teils ältere Männer, durchwühlen den Müll, separieren Karton und Plastik und können dies vermutlich gegen ein wenig Geld irgendwo abgeben! Dem verwahrlosten Erscheinungsbild nach, kämpfen sie täglich, dass sie etwas zu Essen haben. Einem alten Müllsammelmann, der mit hängendem Kopf am Boden sitzt, drücken wir einen Batzen in die Hand und zeigen ihm unser Handy, wo auf Farsi draufsteht, er solle was gutes Essen gehen! Ein trauriges Bild. 

Wir suchen erfolglos zum Abendessen ein ähnliches Restaurant wie wir mit Reza und Saeid in Hamadan fanden. Dafür gibt’s ein weiteres Mal ein Ash zum Abendessen. In ruhiger Lage, oberhalb der Stadt, lassen wir den Tag ausklingen.

 

18.12.2022

Kermanshah – Mir Hassan, Iran

Km: 90

Km Total: 23’280

Wir nutzen das prächtige Wetter, um einen kurzen Morgenspaziergang in der schönen bergigen Umgebung rund um unseren Übernachtungsplatz zu unternehmen. 

Anschliessend geht’s zu den Taq-e Bostan Grotten, zwei in den Felsen gemeisselte kleine Hallen mit verzierten Torbögen, welche Felsenreliefs und Inschriften aus der Ära des Sassanidenreiches (226 bis 650 AD) enthalten. Die detailreich gearbeiteten Bilder zeigen Krönungszeremonien und Jagdszenen.


Vom ruhigen Parkgelände geht’s weiter in die belebte Stadt Kermanshah, die vorwiegend von Kurden bewohnt wird. Dies zeigt sich für uns vor allem an der Kleidung der Männer, die teils noch heute ihre traditionellen weiten Hosen tragen. Zudem befinden wir uns jetzt in Gebieten, in denen der Iran-Irak-Krieg während den 1980er Jahren wütete. Die Stadt Kermanshah wurde konstant bombardiert und stark in Mitleidenschaft gezogen. Auch deshalb halten sich die historisch und architektonisch sehenswerten Bauwerke in Grenzen. Wir besuchen erst Mal den Basar, wo wir Safran, Pistazien und, für diese Region typischen, aus Reismehl hergestellten, Nan-e Berenji Güetzi kaufen. Apropos Safran: der Iran ist weltweit marktführender Produzent des kostbaren Gewürzes! Die letzte Station in Kermanshah ist das Tekiyeh of Muavin al-Molk Haus aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die einst für religiöse Zeremonien erbaute Stätte (heute nur noch Museum) ist bekannt für ihre bemalten Keramikfliesen, die verschiedene historische und religiöse Episoden zeigen.

Wir verlassen die Stadt und fahren weiter Richtung Westen, tiefer in kurdische Gebiete. Die landschaftlich reizvolle Strecke führt uns durch kleine Dörfer und einsame Bergregionen. 

 

19.12.2022

Mir Hassan – Ilam Damm, Iran

Km: 170

Km Total: 23’450

Wieder ein Tag, in dem sich die Natur von der schönsten Seite zeigt. Die Strasse schlängelt sich schier konstant entlang wunderschöner Felsenlandschaften. Nun steht wieder einmal ein Mittagessen auf dem Plan. Unser Ziel, kein Fleisch zu essen, scheitert im Iran viel häufiger als in allen vorherigen Ländern. An der stark befahrenen Verkehrsachse sehen wir in einem Städtchen etliche kleine Restaurants und viele LKW’s.

Das sonst bereits schmale Angebot in vielen Iranischen Restaurants hat sich von Suppe, Kebab und Reis nochmals reduziert. In diesen Lokalen gibt es nur Kebab und Fladenbrot! Der Appetit kann einem jedoch fast vergehen, denn hier, in der Kurdisch geprägten Ilam Provinz, ist doch alles nochmals ein wenig anders als bisher im Iran. Direkt neben den etlichen Restaurants, hat es lebende Schafe in Gehegen, daneben Felle der frisch geschlachteten Schafe, und dazwischen ab und zu der Kopf einer Kuh. 

Nun aber geht die Fahrt weiter, dem Ilam Stausee entgegen.

Im Bachbett der steilen Felslandschaft entdecken wir auf einmal eine Art Marder. Eine Seltenheit, Wildtiere beobachten zu können.

Kurz vor unserem Ziel sehen wir eine Hundefamilie mit 3 kleinen Wollknäuel. Wir verfuttern den scheuen Tieren unser altes Brot und fahren weiter. Nach wenigen Kilometer erreichen wir unseren Schlafplatz und gleich danach treffen die fünf Hunde auch ein.

Und wieder einmal mehr haben wir mit den Vierbeinern Bedauern und kochen ihnen ein Pack Teigwaren.

Die Gegend um den abgezäunten Ilam Damm ist fantastisch und wir hoffen (man sieht uns gut von der Strasse), dass uns die Polizei nicht kommt und wegjagt.

 

20.12.2022

Ilam Damm – Abbas Abad, Iran

Km: 140

Km Total: 23’590

Wen wundert’s, die drei kleinen Hunde sind in der Nähe und warten auf ihr Frühstück; etwas Brot muss reichen. Wie bereits gestern vermutet, kommt tatsächlich die Polizei und will wissen wer wir sind. Sie sind freundlich und wir unterhalten uns mit Google Translate. Pass und Visumkontrolle. Sie wollen wissen was wir hier beim Damm machen, und wir können ihnen zum Glück ein Foto des Damms im Reiseführer zeigen und erklären, dass wir Touristen sind und die schöne Gegend bestaunen. Alles ist gut und sie wollen noch wissen, was wir von ihnen, der Polizei, denken und ob wir vorher bereits mit der Polizei zu tun hatten. Wir sagen natürlich, dass wir die Kontrollen verstehen und dass sie ja freundlich seien :-). Auch unsere bisherige Strecke wollen sie wissen. Nach wenigen Minuten ziehen sie mit einem Lächeln davon. Auch wir fahren bald los und entdecken nach wenigen Kilometern eine Wasserstelle, wo ein paar einheimische Kurden am Wasser holen sind (mit den typischen weiten Pluderhosen). Wir gesellen uns dazu und merken bald, dass die Leute in dieser verlassenen Gegend schüchterner und zurückhaltender sind als in anderen Regionen des Irans. Sobald wir jedoch mit ihnen versuchen zu reden, tauen sie auf und sind sehr herzlich und freundlich. Wir können unseren Tank mit bestem Trinkwasser füllen und ziehen auf kleinen Nebenstrassen durch die wunderschöne, schroffe Berglandschaft, bevor es wieder auf die stark befahrene Hauptstrasse geht. Entlang dieser Hauptstrasse besuchen wir noch einen kleinen aber feinen Canyon, wo uns wieder einmal mehr zwei Iraner zu sich nach Hause einladen wollen.

Sehr liebenswerte Kerle, aber wir ziehen trotzdem weiter. Und plötzlich ist es wieder da, das Geräusch des Verteilergetriebes! Aber wir haben ja fast damit gerechnet. Die Kette scheint sich wieder etwas ausgedehnt zu haben. Das Geräusch ist relativ schwach, aber wir müssen von nun an unsere Fahrweise nochmals etwas anpassen.

In einer kleinen Stadt halten wir an um Brot zu kaufen. Wir finden eine Confiserie mit Brot und zu unserem Erstaunen finden wir zum ersten Mal im Iran knusprige Brötchen! Dazu nehmen wir noch einige Kekse und Patisserie-Stückli. Jetzt kommt der Mann der Besitzerin rein und ist voller Freude, dass er Touristen in seinem Laden hat. Er spricht einigermassen Englisch und erklärt, dass wir eingeladen seien. Wir lehnen mindestens vier Mal ab (3 Mal würde für Taarof reichen :-)), aber er besteht darauf, denn heute sei sein letzter Arbeitstag als Lehrer gewesen. Mit vollen Taschen und einem etwas schlechten Gewissen zotteln wir ab. Schlussendlich darf man ja die Leute auch nicht enttäuschen und man nimmt solche Geschenke an. Übrigens sind wir heute vier Mal (z.T. sicher wegen Taarof) von wildfremden nach Hause eingeladen worden (beim Wasserfüllen, beim Canyon, in der Confiserie und von zwei weiteren lustigen Kerlen). 

Zum Schlafen finden wir ein herrliches Plätzchen in der Nähe eines Flusses, wo man in der Nacht ein Rudel Schakale jaulen hört.  

 

21.12.2022

Abbas Abad – Cham-e Murt, Iran

Km: 140

Km Total: 23’730

Wir ziehen los. Die Landschaft, einfach nur spektakulär, egal in welche Richtung sich unsere Blicke wenden. In einem gefühlt gigantischen Canyon ziehen die schrägen Felsen, mit hunderten aufgeschichteten Platten, und andere faszinierende Felsformationen an uns vorbei.

Unterwegs kommen wir mehrmals an antiken Brücken vorbei, die um die 1500 Jahre alt sind.

Entlang der spektakulären Strecke besuchen wir noch den kleine Afrineh Wasserfall. Da wir uns gegen Ende des Tages in einem Canyon befinden, sind die Schlafmöglichkeiten begrenzt, und so enden wir in der Nähe eines Dorfes auf einem grossen Kiesplatz einer Anhöhe und bemerken erst später, dass dies ein (vermutlich) neu angelegter Friedhof ist.

 

22.12.2022

Cham-e Murt – Chorramabad, Iran

Km: 70

Km Total: 23’800

Jetzt zeigt sich der Grund, warum wir in den letzten Tagen so viel unterwegs waren. Wir hatten den Wetterbericht studiert und wollten vor dem schlechten Wetter die schönen Landschaften erleben. Jetzt ist es so weit, und draussen ist es kalt, nass und grau! Wir ziehen los. Die schönen Canyons und Felsformationen sind bald vorbei und nach kurzer Zeit kommen wir in der Stadt Chorramabad an. Die Stadt mit seinen 360'000 Einwohnern liegt auf knapp 1200 Meter. Wir gehen in eines der typischen winzigen Fast Food Restaurants um etwas zu essen. Diese sind meist nur 2-3 Meter breit, etwa 8 Meter lang und haben nur wenige Sitzmöglichkeiten. Wir bestellen ein Falafel-Sandwich, zwei vegetarische Samosa (Teigtaschen mit Kartoffeln) und ein Wasser. Kostenpunkt: 1 Franken! Bei solchen Preisen haben wir nicht nur ein schlechtes Gewissen, sondern fragen uns einmal mehr wie die Leute überleben? Wohin führt dies noch? Wie gross muss der Unmut der Bevölkerung werden bevor sich etwas ändert? Machen können wir trotzdem nichts und gehen weiter. Gleich nebenan besuchen wir das etwa 1500 Jahre alte Falak Al-Aflak Schloss, welches über der Stadt thront und ein ethnologisches/archäologisches Museum beherbergt. Das Museum ist aufregender als die meisten anderen.

Mit vielen Fotos von den verschiedenen Gebieten und Nomaden der Provinz Lorestan, sowie lebensechten Darstellungen, wie die Leute leben, war es durchaus spannend! Rund 20.000 Land- und Nomadenbewohner der westlichen Provinz Lorestan arbeiten noch heute in verschiedenen kleinen, bäuerlichen Handwerksbetrieben. Die Produkte dieser Betriebe werden meist für den Eigenbedarf oder die lokalen Märkte genutzt. Die weit verbreitete Abwanderung von Dorfbewohnern ist eines der sozialen Probleme der Region, jedoch kann die Förderung von Kunsthandwerksprodukten in ländlichen Gebieten, die Abwanderung etwas verhindern.

Nach dem Museum und dem Schloss besuchen wir eine weitere antike Brücke, die wie das Schloss aus der Sasanid Zeit (224 – 658 AD) stammt. Trotz unseres halb defekten Verteilergetriebes kraxeln wir am Abend 300 Höhenmeter zu einem Park rauf um zu Übernachten und geniessen die Stadt von oben.

 

23. – 25.12.2022

Chorramabad, Iran

Der sich über den ganzen Hügel erstreckende Park ist sehr beliebt zum Picknicken und ist am Abend ein Treffpunkt für die Jugend. Vor allem junge Männer treffen sich hier mit ihren Autos auf den Parkplätzen, fahren mit lauter Musik umher, lassen ihre Motoren heulen oder driften Kreise auf „unserem“ Parkplatz. Na ja, wir sind ja schon so einiges gewöhnt und für einen Übernachtungsplatz in der Stadt ist es trotzdem nicht so übel ;-). Und man muss auch das Verständnis haben, dass es in vielen Ländern (gerade in muslimischen) keine Bars, Discos oder andere öffentliche Lokale gibt, wo sich die jungen Erwachsenen ungezwungen treffen können. Ein grosser Trend sind die modernen Cafés, die in den grösseren Städten als Treffpunkt für die Jungen dienen. Nach einer regnerischen Nacht, werden wir am Morgen überrascht von schönstem Wetter. Das nutzen wir aus, um eine Wanderung auf den höchsten Punkt dieses Stadthügels zu machen. 

Neben der Strasse gibt es tatsächlich auch Wanderwege. Es tut gut, sich wieder Mal ein wenig körperlich zu betätigen. Regelmässiger Sport kommt leider beim Reisen definitiv zu kurz… Vom höchsten Punkt hat man eine schöne 360 Grad Aussicht auf die zwischen den Bergen eingebettete Stadt. Da heute Sonntag ist, begegnen uns unterwegs auch einige anderen (einheimische) Wanderer und Biker (hauptsächlich Männer).


Am frühen Nachmittag sind wir zurück beim Camper und kurz darauf spricht uns der sympathische junge Mann Bahram in gutem Englisch an. Er ist aktives Mitglied bei der Internetplattform „Couchsurfing“ und beherbergt regelmässig Touristen bei sich zuhause. Wir verbringen den Rest des nun wieder regnerischen Tages sowie eine weitere Nacht hier im Park. Am nächsten Morgen kriegen wir nochmals kurzen Besuch, dieses Mal vom Parkdirektor und seinem Mitarbeiter, die vermutlich eine Kontrollfahrt durch den Park machen und neugierig sind, wer wir sind und was wir hier machen :-). Der Wetterbericht für die nächsten zwei Tage ist schlecht und für unsere Weiterfahrt durch das Zagros Gebirge wollen wir gutes Wetter abwarten. Wir beschliessen daher, uns für die kommenden zwei Nächte in ein Hotel einzuquartieren. Vorher fahren wir in die Stadt, um Bargeld und eine neue SIM Karte zu organisieren. Wir parkieren und, wie so oft im Iran, spricht uns gleich ein junger Mann an und fragt, ob wir Hilfe brauchen. Er zeigt uns auf Google Maps, wo wir eine Wechselstube finden und gibt uns seine Telefonnummer, falls wir noch weitere Hilfe brauchen. Wir wechseln 100 Dollar und erschrecken: der Wechselkurs ist schon wieder gestiegen! Heute erhalten wir für unsere Dollar 42 Millionen Rial (übrigens ist die grösste Note 1 Million Rial, also aktuell 2.50 Franken)! Seit unserer Einreise vor einem Monat hat der iranische Rial um 15% an Wert verloren und liegt gemäss unseren Recherchen auf einem Rekordtief. Seit den Protesten und den damit verbundenen zusätzlichen Sanktionen verliert die sonst bereits gebeutelte Währung nach und nach an Wert. Die Wirtschaft und damit die ganze Bevölkerung kämpft bereits seit Jahren mit der hohen Inflation. Fürs Mittagessen finden wir ein schönes Restaurant in einem umgebauten alten Hamam (Badehaus). 

Nun noch zum Thema SIM Karte: nach 30 Tagen wird ein nicht im Iran registriertes Handy blockiert. Dies ist bei uns seit ein paar Tagen der Fall. Wie die Registration genau funktioniert, wissen wir nicht und macht für die paar verbleibenden Tage im Iran auch keinen Sinn. Das einfachste ist, eine neue SIM Karte zu kaufen und diese in einem anderen Handy als bisher zu verwenden. Der erste Versuch scheitert, denn wir haben wieder Mal vergessen, dass viele Geschäfte von ca. 13.00-16.00 Uhr geschlossen haben… 


Beim zweiten Versuch treffen wir per Zufall nochmals unseren Freund Bahram, der an dieser Strasse, zusammen mit seinem Bruder und Vater, einen Gemüsestand betreibt. Er kommt mit uns in den Shop und hilft beim Übersetzen. Nun sind wir ausgerüstet, um einige Weihnachtsgrüsse zu verschicken. Ansonsten spüren wir hier nichts von Weihnachten, es ist ein Tag wie jeder andere. 

Den nächsten verregneten Tag verbringen wir hauptsächlich im Hotel. Am Mittag entdecken wir ein tolles Restaurant, welches nebst Kebab auch noch verschiedene Eintöpfe mit Fleisch serviert! Eine Seltenheit! Die Eintöpfe (Khoresht genannt) werden oft als süss-saures Gericht mit Fleisch und Pflaumen, Aprikosen oder Granatapfel zubereitet. Beim Bezahlen streckt uns der junge Mann, der uns bedient hat, sein Handy zu, wo er einen relativ langen Text auf Google-Translate vorbereitet hat.


Er teilt uns unter anderem seine Wut gegen die Regierung und deren brutales Vorgehen gegen unschuldige Bürger mit und dass wir unseren Freunden daheim erzählen sollen, dass das iranische Volk nicht hinter einer solchen Regierung steht! Ein bewegender Text, dem sicherlich die Mehrheit der Iranerinnen und Iraner zustimmt! Wir ziehen weiter und gönnen uns in einem Café ein Stück Kuchen und Kaffee, den wir draussen auf der schönen Terrasse geniessen. Damit man draussen auch schön warm hat, lodert in der Mitte jedes Tisches ein mit Gas gespiesenes Feuer mit Lavasteinen. Na ja, mit natürlichen Ressourcen wird aufgrund der subventionierten Preise recht leichtsinnig umgegangen…

 

26.12.2022

Chorramabad – Khazineh Valley, Iran

Km: 160

Km Total: 23’960

Frühstück im Hotel ist auch schön. Nichts vorbereiten, eine Auswahl beim Buffet und nichts Abwaschen :-). Bevor wir aber endgültig die Stadt verlassen, gehen wir bei Bahram vorbei, um uns zu verabschieden und ihm ein Schweizer Zehnernötli in die Hand zu drücken. Er macht eine Kollektion von all seinen Couchsurfer-Bekanntschaften und will diese später seiner Tochter schenken. Er freut sich riesig, dass wir ihn nochmals sehen wollten :-).

Nun aber endlich los, und das Wetter meint es, wie im Wetterbericht vorausgesagt, sehr gut mit uns. Wieder einmal ist die Landschaft auf der südwestlichen Seite des Zagros-Gebirges fantastisch! 

Es geht nun definitiv von den iranischen Hochebenen runter gegen das Flachland. Wir machen jedoch noch einen Abstecher in die falsche Richtung zu einem bekannten Canyon bevor es endgültig ins Flachland geht. 

Grill mit Fleischspiessen
Grill mit Fleischspiessen

Unterwegs suchen wir vergebens etwas „normales“ zu Essen und landen wie vor wenigen Tagen bei einer Ansammlung von Restaurants die ausschliesslich Fleischspiesse und Brot servieren


Wenige Kilometer später biegen wir auf einen unbefestigten Weg ab und parkieren einen Kilometer später direkt am Rand des eindrücklichen Khazineh Canyons

Was für eine Aussicht! So macht Reisen Freude! Wir sind noch genug früh unterwegs, so dass wir vor Sonnenuntergang einen längeren Spaziergang dem Canyon entlang machen können. 


In der Nähe der Hauptstrasse durchqueren wir das Areal von Nomaden, die mit ihren unzähligen Schafen und einigen Geissen für vier Monate im Winter hier leben. Natürlich werden wir entdeckt und einer der Hirten begrüsst uns freundlich und will uns gleich zum Tee einladen. Wir lehnen dankend ab und sagen, dass wir zuerst etwas weiter spazieren wollen und auf dem Rückweg nochmals vorbeischauen. 

Und so tun wir dies und werden von einem weiteren Hirten Namens Mogahed begrüsst und auch gleich im Nomadenzelt zu einem Tee eingeladen. Wie in absolut jedem iranischen Zuhause werden auch hier die Schuhe ausgezogen bevor es auf den Teppichboden geht :-). Mit Google Translate plaudern wir zusammen und gehen bald weiter in Richtung Camper bevor es dunkel wird.

 

27.12.2022

Khazineh Valley – Dez Damm, Iran

Km: 90

Km Total: 24’050

Wir wollen den fantastischen Canyon nochmals erkunden und steigen einen Weg hinunter, der uns in Canyon hineinführt und zu einer ehemaligen Hängebrücke führt. In den Felswänden gibt es viele Stufen, die erstaunlicherweise mit frischem grünem Gras bewachsen sind. Eine Rarität in der sonst doch eher kargen Gegend. Die grünen Felsbänder ziehen vor allem kletterbegabte Ziegen an, von denen wir in der gegenüberliegenden Felswand eine ganze Herde entdecken. Für uns ein Rätsel wie die Tiere dorthin kommen… Von der Hängebrücke ist leider nicht mehr viel zu sehen, die Überresten hängen in den Canyon runter. Plötzlich sehen wir hoch oben im Canyon einen Mann, der uns winkt und zuruft „Hello, my name is Mogahed Biravand“. Irgendwie kommt uns dieser Name bekannt vor und durchs Fernglas erkennen wir den Hirten von gestern. Er versucht, seine Ziegen aus den Felsbändern zu treiben und seine grellen Treibrufe hallen durch den Canyon. Schon bald ist Mogahed bei uns angelangt und zeigt uns während des Rückmarsches immer wieder seine oder andere Ziegen, die sich in den Felswänden tummeln. Bei einem kleinen Baum hält er an, pflückt einige Stücke Harz vom Stamm und steckt sich diese in den Mund. Dies sei gut für das Immunsystem. Auch wir probieren ein kleines Stückchen: schmeckt gut und klebt auch noch nach einer Stunde irgendwo zwischen den Zähnen ;-). Mogahed kann auch mit Vögeln kommunizieren: er imitiert gekonnt das Vogelgezwitscher und das Vögelchen antwortet ihm prompt :-). Er zeigt uns zudem zwei Tropfsteinhöhlen in der gegenüberliegenden Felswand und erklärt uns, wie hoch das Wasser im Frühling fliesst. Eine tolle Entdeckungstour mit diesem sympathischen Mann :-).

Zurück beim Camper verabschieden wir uns erst Mal von ihm und er rauscht mit seinem Motorrad davon. Doch bevor wir definitiv von hier losfahren, machen wir wie versprochen nochmals einen Halt im Lager von Mogahed und seiner Familie. Zuerst gibt’s eine Camperbesichtigung, dann zeigt Mogahed uns stolz sein Gewehr, das er angeblich zum Jagen braucht, und will, dass wir Fotos machen :-). Sie zeigen uns auch noch ihre Ferngläser, eines davon stammt vermutlich aus Kriegszeiten, den der Vater von Mogahed sagt dazu nur „Saddam“… Natürlich wären wir eingeladen zum Mittagessen, doch wir wollen weiter. Uns ist die Familie sehr sympathisch und wir schenken ihnen eines unserer Schweizer Taschenmesser. Dies geht nicht, ohne dass sie uns auch eines ihrer Messer schenken! Während der landschaftlich sehr schönen Fahrt in die Stadt Dezful, halten wir kurz bei einem fliegenden Händler an, um einen Becher gekochte Kichererbsen und Bohnen zu kaufen. Hier machen wir Bekanntschaft mit vier Teheranis, beide Frauen ohne Kopftuch.

Es folgt das obligate Selfie und Telefonnummern austauschen :-). Etwas ausserhalb von Dezful finden wir eine tollen Übernachtungsplatz. 

 

28.12.2022

Dez Damm – Shush, Iran

Km: 110

Km Total: 24’160

Bevor es losgeht, kraxeln wir ein wenig in dem nebenanliegenden Canyon umher. Bewegung muss sein :-). Der Damm des Flusses Dez ist nur wenige Kilometer entfernt, also wollen wir diesen auch noch kurz besuchen. Doch nach wenigen hundert Meter Fahrt endet dieses Vorhaben. Eine Barriere und ein Wächter stehen im Weg. Auf die sinnlose Frage, ob wir trotzdem zum Stausee fahren dürfen, lächelt er und winkt ab. 


Somit geht’s weiter in die Stadt Dezful, wo wir als erstes in ein leckeres, gutes Restaurant gehen und anschliessend gleich noch zur Feier des Tages uns ein Softeis gönnen. Naja, es ist kein spezieller Tag, aber die Temperaturen laden zum ersten Mal seit ewig zu einem Eis ein :-). Das einzige, was wir in Dezful besuchen sind die antiken Ruinen von Wassermühlen. Wirklich etwas Neues und interessantes für uns! Wir stellen uns vor, wie es wohl vor 1700 Jahren ausgesehen haben muss, als hier die ersten der 50 bis 60 im Fluss stehenden Wassermühlen Getreide zermahlen haben! 

Wir fahren weiter und gehen am Stadtrand problemlos 100L tanken. Kaum losgefahren hält uns einer auf und fragt woher wir seien und wohin wir fahren. Bald schon sagt er, dass wir unbedingt in die nahegelegene Stadt Shush fahren müssen. Ansonsten verpassen wir etwas. Naja, dann befolgen wir doch einfach dem Mann seinen Ratschlag und steuern Shush an :-).

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29.12.2022

Shush – Shushtar, Iran

Km: 100

Km Total: 24’260

Wir bemerken sehr gut, dass wir uns im Südwesten des Irans befinden, wo ein grosser Teil der Bevölkerung arabische Wurzeln hat. Die Männer tragen lange weite Gewänder mit einer Art Turban auf dem Kopf und oft wird arabisch gesprochen. Um zu unserem Ziel, der archäologischen Stätte Susa, zu kommen, fahren wir erst Mal durch ein arabisches, sehr belebtes Basar-Quartier, wo wir ein bisschen überrumpelt sind von der neuen Kultur. Im Areal der antiken Stadt Susa angekommen, springt uns als erstes das wohl markanteste Bauwerk ins Auge: Das Ende der 1890er Jahre vom französischen Archäologen de Morgan erbaute Schloss, welches damals als Unterkunft für die französischen Archäologen diente. Wir sparen uns das Schloss für später und besichtigen zuerst das sehr weitläufige Gelände der antiken Stadt. Viel mehr als einige Fundamente und einzelne Säulenreste gibt es hier jedoch nicht zu sehen. Leider wurden in den frühen Jahren der Ausgrabungen (ab 1850), durch mangelhafte Grabungsmethoden der damaligen Archäologen, viel von der Architektur der alten Stadt zerstört. Viele Strukturen sind mit den Jahren aber auch einfach eingestürzt. Fast alle der gefundenen bedeutenden Artefakte wurden nach Paris gebracht und sind heute im Louvre ausgestellt. Die Fundstücke reichen zurück bis ins Jahre 4000 v. Chr. Susa zählt zu einer der ältesten durchgehend besiedelten Städte der Welt. Für uns sehr eindrücklich ist das riesige Areal, in der sich die Ruinen befinden und wo wir uns wunderbar die Füsse vertreten können :-). Unterwegs im Areal ist auch eine Schulklasse, die uns von Weitem winken und „hello“ rufen. Draussen treffen wir die aufgeweckten Kinder nochmals und haben zusammen ein Riesen-Gaudi :-).

Als letztes besuchen wir das Schloss, wo es ein kleines Outdoor-Museum gibt, mit Werkzeug und einem alten Landrover der französischen Archäologen. Auf dem Weg dorthin, spricht uns ein junger Mann auf Englisch an, und begleitet uns dann zum Schloss. Er erzählt uns, dass sein Grossvater fast 100 Jahre alt ist, bei den archäologischen Arbeiten der Franzosen mitgeholfen und dafür gesorgt habe, dass die Franzosen nicht alles stehlen ;-). Vom Schloss aus hat man eine schöne Aussicht auf das nebenan liegende, für Muslime sehr bedeutsame, „Tomb of the Prophet Daniel“. Wir schiessen ein Foto davon und sprechen ein paar Worte darüber. Schliesslich verabschiedet sich der junge Mann ziemlich abrupt von uns und zieht davon. Haben wir etwas falsches getan oder gesagt? Wir wissen es nicht… Nun haben wir aber Hunger und gönnen uns gleich gegenüber in einem kleinen Fastfood Restaurant ein Falafel-Sandwich. Im Restaurant sitzt noch eine andere Familie und als der Mann an der Kasse seine Rechnung bezahlt, deutet er uns, dass er unser Essen gleich mitbezahlt hat! Wieder so ein Moment im Iran! An der Strecke nach Sushtar liegt eine weitere archäologische Stätte. Auch hier handelt es sich um eine antike Stadt, Choga Zanbil, von deren Überreste vor allem der ca. 3500 Jahre alte Tempelturm (Zikkurat) sehenswert ist. Der ursprünglich um die 50 m hohe und vierstufige Tempel war damals reich verziert mit glasiertem Ziegelstein, Glas und sogar Elfenbein. Heute ist davon nichts mehr sichtbar, die einzigen erkennbaren Details sind einige auf Backsteinen eingemeisselte Inschriften.

Wir werden ungefragt von einem „offiziellen“ Guide begleitet (kein Englisch), der uns im Eiltempo durch die Anlage führt und uns an einige sonst verbotenen Stellen bringt… Da uns die Gegend nicht ganz geheuer ist (es gab auf der Strecke hierhin verschiedene Checkpoints) und wir hier nicht übernachten wollen, fahren wir weiter bis in die Stadt Shushtar. Auf einem bewachten Parkplatz eines Frauenparks (effektiv nur für Frauen und Kinder zugänglich!) finden wir einen akzeptablen Übernachtungsplatz. Im Mostofi-Restaurant, einem historischen Haus einer wohlhabenden Familie, bekommen wir ein leckeres Abendessen.

 

Hier noch ein Nachtrag zum 14.12.2022 (Hamedan-Kangavar)

Beim Schreiben der obigen Szene mit der Schulklasse, ist uns noch ein anderes lustiges Erlebnis in den Sinn gekommen, das wir im entsprechenden Bericht leider vergessen haben. Bevor wir die Stadt Hamadan verlassen, füllen wir an einer kleinen LPG Gastankstelle unseren Tank. Im Iran fahren übrigens immer mehr Autos mit Gas, jedoch CNG Gas. Das für unsere Zwecke benötigte LPG Gas ist kaum verbreitet, dementsprechend sind auch die Tankstellen rar und nicht so professionell ausgerüstet. Sicherheitsvorschriften gibt es an der kleinen Tankstelle kaum, der geübte Tankwart muss sämtliche Kugelventile von Hand betätigen. Während des Füllens kommen drei Mädchen im Teenageralter daher, sprechen kurz mit uns und ziehen dann weiter.

Kurz darauf beim Weiterfahren sehen wir die Mädchen nochmals, sie winken wie wild und wollen, dass wir anhalten. Wir steigen aus und willigen ein, zusammen ein paar Fotos zu machen. Sie fangen vor Aufregung an zu kreischen (kein Witz!) als seien wir berühmte Stars! Von irgendwoher kommen noch mehr Mädchen und scharen sich um uns! Immer wieder sagen sie „I love you“ zu uns (viel mehr Englisch können sie leider nicht)! Von weitem schauen schon die Passanten und uns ist die grosse Aufmerksamkeit irgendwie unangenehm ;-). Nach der Fotosession verabschieden wir uns von den kreischenden aber liebenswerten Groupies und flüchten in den Camper :-). In dieser Gegend hat es wohl nicht allzu viele Touristen ;-).

 

30.12.2022

Shushtar – Ahwas, Iran

Km: 100

Km Total: 24’360

Shushtar ist bekannt für sein einzigartiges historisches Bewässerungssystem und den dazugehörigen Mühlen. Dieses Bauwerk ist auch ein Unesco Weltkulturerbe. Bereits im 5. Jahrhundert v.Chr. hat man damit begonnen zwei grosse Kanäle zu bauen. Einer davon, mit unzähligen Tunnels, ist übrigens heute noch für die Wasserversorgung der Stadt in Gebrauch. Vor 1800 Jahren begann man dann sogenannte Qanaten (unterirdische Wasserkanäle) zu bauen. Dies erforderte eine für damals unglaubliche Baukunst! Diese unterirdischen Wasserkanäle dienten zur Gewinnung von Grundwasser, welches aus höheren Regionen kam, um damit die Stadt und die Zuckerrohrfelder zu bewässern.

Das ungefähr 500 m lange Überfallwehr über den Karun, Irans wasserreichsten Fluss, war das Kernstück des historischen Bewässerungssystems und im darunterliegenden Areal (siehe Foto) befinden sich Mühlen, Brücken, Dämme, Becken sowie ein Turm zur Wasserniveaumessung und ein Schloss. Ein eindrückliches Bauwerk, wo ein Fluss gestaut wird und auf irgendwelchen unterirdischen Wegen wieder ans Tageslicht kommt. In dem Areal können wir noch einem Mann, der das Teppichwebhandwerk ausübt, zusehen und kaufen ihm auch gleich einen der dort gefertigten Teppiche ab.

Jetzt zu einem anderen Spektakel. Wir brauchen Wasser für unseren Tank und finden schon bald die perfekte Wasserauffüllstation! Ein Geschäft, wo man frisch gefiltertes Wasser direkt ab Wasserzapfsäule einfüllen kann! Der Besitzer des Geschäftes hat eine Riesenfreude, dass wir zu ihm kommen und wir fühlen uns willkommen! Es dauert nicht lange bis etwa 10 Leute um uns herum sind.

Die Camper-Besichtigungstour ist gut gebucht und das Austauschen von Instagram und Telefonnummern sowie Fotos machen ist ebenfalls beliebt. Wir werden auch gleich zum Essen eingeladen, schlagen dies aber aus, da unsere Zeit im Iran (Visum 45 Tage) knapp wird, wir ein Auto haben wo man nie weiss ob man stehen bleibt (repariertes Verteilergetriebe) und wir nicht im Dunkeln fahren wollen. So läuft das im Iran: man geht nur so eben schnell mal Wasser tanken, darf dann unter keinen Umständen etwas dafür bezahlen und hat am Schluss eine Schar Leute die einem Winken beim losfahren :-).


Die Weiterfahrt ist langweilig. Flach und geradeaus. Am Strassenrand sehen wir einige Stände wo hängende Fleischstücke von Schafen, oder auch fast ganze Schafe verkauft werden. Nebenan steht ein Gehege mit noch lebenden Schafen, die zusehen müssen wie ihren Kollegen geschlachtet werden! Unterwegs gönnen wir uns in einer der vielen Gelaterias am Strassenrand ein Eis. Leider erwischen wir nicht wie gewünscht das typische iranische Safran-Glacé, sondern müssen mit Banane vorlieb nehmen ;-). Bald kommen wir in der 1.4 Millionen Einwohner Stadt Ahwas an und beziehen ein gutes Hotel nahe dem Stadtzentrum.

 

31.12.2022

Ahwas – Abadan, Iran

Km: 140

Km Total: 24’500

In dem etwas besseren Hotel (33 Franken) ist natürlich auch das Frühstück toll :-). Heute starten wir das Projekt Postkarten an unsere Gotti- und Göttibuben zu versenden. Auf der grossen Post werden wir etwas hin und her zwischen den Schaltern gejagt. Natürlich kann keiner Englisch. Aber es geht nicht lange, wird uns von der lieben Iranerin Shoree geholfen, die ebenfalls etwas auf der Post erledigen muss und gut Englisch spricht. Zuerst müssen wir zwei Couverts kaufen (bezahlt von Shoree bevor wir es realisieren), wo wir die Postkarten hineinstecken. Diese offiziellen Couverts müssen wir an einem anderen Schalter ausfüllen. Gar nicht so einfach, denn „From“ bedeutet für uns die Poststelle, da wir im Iran keine Adresse haben! Und bei „To“ kommt zuoberst das Land und irgendwo noch unsere Telefonnummer. Beim Bezahlen sind sich die Postangestellten nicht einig. Vermutlich hat seit Jahren niemand etwas in die Schweiz geschickt :-). Der erste klebt vier Marken aufs Couvert, dann wird eine Minute diskutiert, und es kommen nochmals drei Marken drauf! Sicher ist sicher :-). Draussen macht auch Shoree, unsere liebe Helferin, bei uns ihren grossen Unmut über die Regierung und den Islam laut (natürlich leise). Wir streifen noch über den Basar und fahren am Nachmittag endlich los.

Aber weit kommen wir nicht. Auf einmal winkt ein Mann mit langem Bart (sieht sehr religiös aus), direkt neben uns aus seinem zivilen Peugeot raus, deutet etwas und geht wieder nach hinten. Was war denn das? Wir fahren weiter. Dann fährt er uns vor, geht rechts ran und hält an, und auch wir halten nun an. Er spricht nur Farsi und wir verstehen kein Wort. Er fährt weiter, hält wieder am Rand an und wir fahren vorbei. Eben doch! Er kommt wieder, aber diesmal mit, im Kühler versteckten, Rot/Blau Lichtern. Die zivile Polizei! Und dies am zweitletzten Tag im Iran. Wir halten an. Der, vermutlich sehr konservative, Mann zeigt seinen Ausweis und wir nehmen die Pässe und Visa hervor. Er ist eher von der seriösen Sorte, und nicht wie wir es vom Iran gewohnt sind, lachend freundlich. Er telefoniert, wir warten und warten. Auf einmal kommt ein weiterer ziviler Polizeiwagen mit zwei Polizisten. Auch diese studieren unser Visa und haben das Gefühl, dass wir überzogen haben. Hoffentlich artet es nicht aus, mit Mobiltelefon kontrollieren und Fotos durchsuchen etc..! Etwas unwohl ist es uns schon! Wir befinden uns auch in der Grenzregion zum Irak, und hier ist anscheinend erhöhte Vorsicht geboten. Die Polizisten diskutieren untereinander und der eine lacht auf einmal und sagt dem anderen auf schlechtem Englisch „Tourist, not Terrorist“. Naja, das wäre somit geklärt :-). Einer erklärt, wir müssen warten, denn der Polizeichef komme noch vorbei. Also plaudern wir mit den Männern bis 15 Minuten später endlich der Chef und ein weiterer Polizist da ist. Nun sind sie also zu fünft! Mehr und mehr merken wir, dass sie anscheinend etwas überfordert sind mit Visum, Pass etc.. Einer blättert in den Pässen rum und fragt bei einem chinesischen Stempel: „Israel?“ Jetzt kommen der Chef und ein Kollege noch in unser Wagen rein, sie schauen sich um, finden aber nichts Verdächtiges. Die ganze Übung ist nach 45 Minuten endlich durch, und je länger die Kontrolle dauerte, desto freundlicher wurden die Männer :-).  

Die Strecke in Richtung irakische Grenze ist neben einigen Dattelplantagen öde, flach und auf beiden Seiten der Strasse sind seichte Seen und mehrere Hochspannungsleitungen die uns ewig begleiten. Jetzt wird das Bild noch unfreundlicher. In der Dämmerung sehen wir Gasförderanlagen und hell brennende Gasflammen hoch in der Luft während wir an komplett zerfallenen, riesigen Werbetafeln, die umgeben sind von Müll und Dreck, vorbeiziehen. Fotos machen wir hier keine (obwohl es aussieht wie einem Endzeitfilm), wir sind ja immer noch im Iran.

Angekommen in der Stadt Abadan, gehen wir erst mal Abendessen, unser Silvester-Essen. Bestehend aus einem überraschend feinen Salat und einer Pizza. Leider aber ohne Bier ;-). In einem gemütlichen Hotel verschlafen wir wunderbar das Ende des Jahres 2022!

.Ende