15.8. – 19.8.2021
Terebletsche, Ukraine – Sucevita – Voronet – Dorna Arini, Rumänien
Km: 260
Km Total: 4’840
Einreise nach Rumänien und Klöster in der Bukowina
Mit etwas Wehmut verliessen wir die Ukraine in Richtung Rumänien. Wir genossen die Ukraine fast ohne ausländischen Touristen, trotz der Hochsaison! Für uns unerklärbar, warum rund um den Westen der Ukraine die Campingplätze voll sind, und sich niemand über die Grenze in die Ukraine traut!
Für den Grenzübertritt nach Rumänien benötigten wir nichts! Nicht einmal ein Corona-Test. Reibungslos landeten wir in einem neuen Land, und vermissten bereits am Abend, auf dem ersten kleinen Campingplatz, die Ukraine. Auf dem kleinen Camping ruhten mehr Wohnmobile als wir in den ganzen 5 Wochen in der Ukraine gesehen haben! Der Grund warum wir nicht länger in der Ukraine verblieben sind, ist zum einen, dass wir das riesige Land Rumänien ohne Hektik besuchen können, aber zum anderen auch Corona. Es ist stets ungewiss wie die Länder ihre Einreisevorschriften anpassen und wir wollten kein Risiko von einer möglichen Quarantäne eingehen.
Rumänien ist im Vergleich mit der Ukraine auch teurer. Es ist nur noch minim günstiger als die Slowakei. Campingplätze sind um 15€, Essen im Restaurant 15 – 20€ für beide. Wie bisher in jedem Land haben wir auch hier eine Sim-Karte innerhalb 2 Minuten erworben. Damit haben wir im Internet stets auf Kartenmaterial und andere Informationen Zugriff. Für 6€ bekamen wir 106GB Daten, die uns für den gesamten Rumänien Aufenthalt mehr als ausreichen. Unglaublich!! In der Schweiz bezahlt man nur für eine Sim-Karte 40 Franken! Noch happiger wären die Wucherpreise für Datenpakete im Ausland!
In der Region Bukowina, wo wir nach der Grenze landeten, sind die etlichen Klöster die grösste Sehenswürdigkeit. Den Klöstern Arbore, Voronet und Moldovita statteten wir einen Besuch ab. Die aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammenden Gotteshäuser bestechen durch ihre bunt leuchtenden Fresken (Wandmalereien). Einmalig und sehr eindrücklich sind insbesondere die Aussenfresken, welche bei gewissen Klöstern scharen von Besuchern anziehen! Beim Kloster Moldovita illustrieren diese Aussenmalereien entlang der Fassaden, wie ein Bilderbuch, fast die gesamte Bibel.
Die Region Bukowina wirkt mit seinen sanften Hügeln und den traditionellen Dörfern, gespickt mit Holzhäusern, sehr ursprünglich und authentisch. Das Landschaftsbild in der Bukowina ähnelt ein wenig der Karpatenregion der Ukraine, obwohl die Ukraine wilder und unberührter scheint.
Was im Leben von zwei Reisenden ebenfalls Zeit braucht ist die Weiterreise zu planen und Wäsche zu waschen. Deshalb verbrachten wir 2 Tage nur auf Campings und wissen nun dafür wo wir in dem Riesenland durchreisen wollen, haben wieder frische Wäsche und konnten sogar in herrlich frisch duftender Bettwäsche einschlafen :-).
20.8. – 26.8.2021
Dorno Arini – Prisol Pass – Borsa, Rumänien
Km: 220
Km Total: 5’060
Ein Folklore Festival und Wandern im Grenzgebiet Bukowina – Maramuresch (Nordkarpaten) sowie in Borsa, Maramuresch
Die erste Wanderung in diesen Tagen fiel kurz aus. Dafür hatte der Weg es in sich. Über den kleinen Hügel Rarau wanderten wir zu den sogenannten Prinzessinnenfelsen Pietrele Doamnei, eine Gruppe von drei riesigen himmelwärts schauenden Kalksteinfelsen auf etwa 1600m Höhe. Da man fast bis zu den Felsen fahren kann, ist es wenig überraschend, dass es nur so wimmelt von Menschen. Einen der drei Felsen kann auch ohne Kletterausrüstung erklommen werden. Dies haben wir natürlich in Angriff genommen :-).
Obwohl es nicht ungefährlich war und man teilweise doch etwas kraxeln musste, war es voller Leute. Personen mit schlechten Schuhen, Kleinkinder, Ältere, äusserst Unsportliche etc., alles kletterte rauf und runter. Oben angekommen hatte man eine super Aussicht auf die zwei anderen Felstürme sowie auf die umliegenden Täler.
Am Nachmittag fuhren wir weiter Richtung Westen bis auf den Prisol Pass, welcher die Grenze zwischen der Bukowina und Maramuresch bildet. Oben angekommen suchten wir eigentlich nur einen Platz zum Nächtigen. Es war aber zu unserem Erstaunen sehr viel los! Eine Bühne war aufgestellt, diverse Leute bauten Marktstände auf und ein Polizist kam direkt auf uns zu als wir auf das Gelände fuhren. Sehr freundlich erklärte er uns auf Französisch, dass hier am Sonntag (also übermorgen) ein Volksfest stattfinde, für die im Ausland lebenden Rumänen, die für Sommerferien zurück in ihre Heimat kommen. Er wollte uns nur vorwarnen, dass wir am Sonntag nicht mehr durchkommen würden und erwähnte, dass es weiter hinten kein Problem sei zum Übernachten. Also, los und ein Plätzchen suchen.
Wir waren nicht ganz die einzigen mit diesem Gedanken. Vier weitere Wohnmobile standen in der schönen Gegend rum, und am nächsten Tag kam zudem noch ein weiterer Deutscher mitten aus dem Nationalpark raus mit seinem altem VW-Bus, wo eigentlich Fahrverbot ist! Schade, dass man solche Vorschriften missachten muss! Als anständige Schweizer hielten wir uns natürlich an das Verbot und fanden trotz allem ein sensationelles Plätzchen :-). An den beiden Abenden konnten wir jeweils spektakuläre, rotleuchtende Sonnenuntergänge beobachten.
Natürlich war unser Interesse an diesem Festival geweckt, so entschieden wir uns bis Sonntag zu bleiben. Den Samstag, also noch ein Tag vor dem Fest, nutzten wir für eine kleine 4-Stündige Wanderung.
An Alphütten und Beerensammlern vorbei, bis fast auf den Berg Cearcanu. Dichte Büsche haben uns den Weg vor dem Gipfel komplett versperrt. Trotzdem hatten wir von dem naheliegenden Aussichtspunkt eine fantastische Aussicht.
Am Sonntag war dann der Tag des Festes. Wie bereits in der Ukraine gibt es Corona nicht in den Köpfen der Rumänen. Riesige Menschenansammlungen genossen das Volksfest ohne Maske und ohne Abstand, und dies in einem Land, wo nur 25% der Bevölkerung geimpft ist.
Diverse Stände mit Produkten aus Handarbeit hatte es genauso wie Stände mit Plastik-Kitsch. Viele Essenstände verkauften lokale Spezialitäten, um die hungrigen Rumänen mit hauptsächlich Fleisch zu versorgen. Viele Leute hatten ihre traditionellen Trachten aus den Schränken geholt, ein wunderbares Bild. Muskulöse Pferde mit traditionell gekleideten Reiter/-innen zogen zur Show mitten durch die Menschenmenge. Diverse Priester versuchten Geld zu machen für ihre Kirche mit gesegneten Karten und Wässerchen.
Am Mittag startete Musik und Tanz auf der grossen Bühne. Aus verschiedenen Regionen wurden wundervolle Darbietungen gezeigt. Viel traditioneller Tanz und Musik mit wunderbar gekleideten Gruppen! Ein super Einblick in die Traditionen dieses Landes :-).
Ein Einblick der anderen Sorte bekamen wir dort ebenfalls. 200 Meter nebenan haben sich Roma niedergelassen. Am Wegrand, in einfachsten „Hütten“, bestehend aus ein paar Latten umspannt mit Plastikplachen, leben mehrere Familien in ärmlichsten Verhältnissen.
Am Abend, als die meisten Leute das Fest verlassen haben, fuhren wir vom Pass bereits wieder los nach Borsa, um am nächsten Tag eine grössere Wanderung zu starten. Etwas stressig für uns, jedoch liess uns der Wetterbericht keine andere Wahl. Um 21:30 landeten wir schlussendlich auf dem Camping, wo wir uns nach einem Willkommensgrappa noch vorbereiten mussten für den nächsten Wandertag.
23.8.2021
Die heutige Wanderung führte uns auf den Berg Toroioaga, mit 1930 m der dritthöchsten Gipfel des Maramures-Gebirges, im gleichnamigen Nationalpark liegend. Unsere Wanderungen in Rumänien planen wir meist anhand des Rother-Wanderführers, dessen Touren allerdings nicht immer über markierte Wanderwege führen und deshalb teilweise auch etwas abenteuerlicher sind. Auch sind die Beschreibungen der Wege nicht immer ganz aktuell, da sich einige osteuropäische Länder rasant entwickeln. Mithilfe der rumänischen Wanderapp „Muntii Nostri“, mit welcher wir auch offline auf Kartenmaterial zugreifen können, finden wir uns jedoch ganz gut zurecht. Übrigens konnten wir uns auch in der Ukraine mittels der App „Maps.me“ sowie der vorgeschlagenen Wanderungen im Reiseführer gut organisieren. Nun, wir verliessen bereits nach hundert Meter den markierten Weg und begaben uns auf einen steilen Forstweg der irgendwann endete und wir über Alpwiesen bis auf einen Sattel weitermarschieren.
Von hier aus hatten wir bereits eine super Aussicht ins Tal und auf das gegenüberliegende Rodna-Gebirge und wir konnten bereits einen Blick auf unser nächstes Wanderziel, den Pietrosul Rodnei werfen. Vorbei an einigen Alphütten, die übrigens um Welten besser gebaut sind als diejenigen in der Ukraine, gings weiter über steile Wiesen. An einigen Stellen herrschte bereits eine herbstliche Stimmung, das trockene Gras und die Heidelbeersträucher verfärben sich langsam rot. Jedoch trugen die Sträucher nach wie vor viele Beeren, die auch hier weit oben noch von einigen Leuten gesammelt werden. Auch wir konnten der süssen frischen Versuchung fast nicht widerstehen, so dass wir zeitweise vor lauter Beeren naschen nur schleppend vorankamen :-).
Über den Kamm ging es auf und ab über einen schmalen Weg bis auf den Gipfel. Wir genossen einen fantastischen Panoramaausblick auf die gesamte Nordgruppe der Ostkarpaten, die bis weit hinein in die Ukraine reichen.
Für den Abstieg liefen wir über den fast alpin anmutenden Rodnei-Kamm, dann die Südflanke hinab, durch einen gespenstischen abgestorbenen Fichtenwald, dem die zwischendrin wachsenden violetten Blumen jedoch noch ein bisschen Leben einhauchten.
Schon bald erreichten wir einen Sattel mit einem kleinen Schmelzwassersee, wo sich eine kleine Schlange durchs Wasser schlängelte. Nebenan gibts eine Notunterkunft für Wanderer, bestehend aus einer schlichten Holzhütte ohne jegliche Ausstattung, die jedoch bei schlechtem Wetter sicherlich wertvolle Dienste leisten kann. Über den Sattel führt auch eine sehr schlechte „Strasse“, über die während unserer Rast, wen wundert’s, ein Jeep geholpert kam. Auch unsere Route führte dann diese Strasse hinab, vorbei an einer wenig idyllischen Industrieruine einer seit 20 Jahren stillgelegten Bergbauanlage. Alles in allem eine wunderschöne einsame Wanderung, wir begegneten den ganzen Tag keinem einzigen anderen Touristen.
26.8.2021
Die geplante Route für die Besteigung des Berges Pietrosul Rodnei würde normalerweise zwei Tage in Anspruch nehmen. Da wir nicht unbedingt ausgerüstet sind für mehrtägige Wanderungen mit Zelt, probierten wir die Route etwas abzukürzen, indem wir den ersten Teil der Strecke mittels Taxi zurücklegen wollten. Die Gastgeberin vom Camping probierte für uns ein Taxi für den nächsten Tag um 6.00 Uhr morgens zu organisieren. Leider verkehren in diesem Städtchen so früh am Morgen keine Taxis, so dass wir etwas ratlos in die Welt schauten. Zufälligerweise lauschte ein Verwandter der Gastgeberin dem Gespräch und erklärte sich dann bereit, uns in dieser Herrgottsfrühe an unseren gewünschten Ausgangspunkt zu fahren. Natürlich mit einem kleinen Aufpreis :-). So kam’s, wir starteten unsere Wanderung in der Dämmerung bei eher bedecktem Wetter, der Nebel hing in den Bäumen und ein kühler Wind wehte uns entgegen.
So marschierten wir immer weiter in das wilde Repedea- und Buhaescutal hinein, wo uns schon bald die erste Flussüberquerung bevorstand. Dank der Wegbeschreibung im Wanderführer waren uns die fehlenden Brücken eigentlich bekannt. Nur hatten wir uns die Überquerungen doch etwas einfacher vorgestellt. Insgesamt mussten wir den gleichen Bach vielleicht sechsmal überqueren, mal über extrem glitschige Baumstämme balancieren, über Steine hüpfen und einmal sogar barfuss durch den Fluss waten. Die letztere Variante war bereits nach einer Stunde wandern der Fall, also um 7.15 Uhr, und dank des eiskalten Bachwassers waren wir dann auch definitiv wach :-)! Immer weiter führte uns der schmale Fussweg ins dicht bewaldete Tal hinein, mal war der Weg gut sichtbar, mal glich er einem Bachbett oder ging durch hohes nasses Gras eine Waldlichtung hinauf und hinter jeder Kurve bangten wir, ob uns wohl ein Bär den Weg versperren würde...
Auch diese Wanderung war, zumindest bis wir den Gipfel erreichten, sehr einsam und führte uns durch eine wildromantische Gegend. Endlich an der Baumgrenze angekommen, stiessen wir auf eine Alp mit Kühen, Alphütte und mürrisch dreinblickenden Älplern, und natürlich tat sofort ein Hirtenhund unsere Ankunft kund.
Übrigens hatten wir auf unseren bisherigen Wanderungen in Osteuropa noch nie Probleme mit den Herdenschutzhunden, obschon man immer wieder auf Schafherden trifft, die teilweise von sieben bis acht Hunden begleitet werden! Natürlich halten wir uns so gut es geht von der Herde fern und hatten somit zum Glück noch keinen näheren Kontakt mit den Hunden. Soweit wir dies bis jetzt beobachten konnten, werden die Schafe immer von Hirten und Hunden begleitet und werden jede Nacht in einen Pferch geführt, zum Schutz vor Wolf und Bär. Noch immer zogen die Nebelschwaden an den Felswänden empor, hurtig konnte man einen Blick auf die Gipfel erhaschen, dann war der Nebel schon wieder zugegen.
Die Wanderung ging weiter aus dem Bergkessel steil nach oben durch hohes Gras, wiederum war kein sichtbarer Weg vorhanden. Dank der Flussüberquerungen und dem nassen Gras konnten wir beide langsam die Feuchtigkeit in unseren Socken und Schuhen spüren… Wir passierten die drei malerischen Buhaescu Gletscherseen und stiegen in Serpentinen weiter durch das wilde Gletscherbecken steil nach oben. Auf diesem Abschnitt waren wir sozusagen im Heidelbeerparadies. Die Sträucher schienen ziemlich unberührt von den Beerenkämmen der Sammler, da diese Gegend wohl doch etwas zu abgelegen war und wir konnten uns somit wieder mal die Bäuche mit den allerschönsten Heidelbeeren vollschlagen!
Je weiter wir uns dem Gipfel näherten, desto dichter wurde leider der Nebel und ein eiskalter Wind begleitete uns für die letzten Kilometer auf den 2303 m hohen Pietrosul Rodnei. Da wir nun für das letzte Stück auf dem üblichen Wanderweg waren, kamen uns bereits einige Leute entgegen und auf dem Gipfel herrschte trotz dem dichten Nebel reger Betrieb. Wir harrten eine Weile auf dem Gipfel aus, leider lichtete sich der Nebel nicht.
Während des Abstiegs, noch auf dem Kamm des bestiegenen Berges, hob sich der Nebel jedoch ein wenig und wir konnten ein Blick auf einige umliegende Berge, den Gletschersee Iezer und hinunter ins Tal erhaschen. Glücklich und müde kamen wir nach 12 Stunden wandern beim Camping an und konnten auf eine wirklich beeindruckende und abenteuerliche Wanderung in wilder teilweise unberührter Natur zurückblicken.
27.8. – 31.8.2021
Borsa – Viile Tecii – Durau, Rumänien
Km: 340
Km Total: 5’400
In die Ostkarpaten und Wandern beim Bicaz-See
Unser nächstes Ziel, der Bicaz See, lag weiter östlich. Es ist der grösste Stausee Rumäniens. Da über 300 km für uns viel sind ;-), übernachteten wir unterwegs und fanden mit etwas Glück einen sehr interessanten Platz. Mehrere kleine, künstliche Seen liegen nebeneinander und werden von tausenden Vögeln besucht!
Bereits nach 30 Minuten vor Ort kam ein Einheimischer und erklärte uns, dass wir hier nicht fischen oder auf den Damm zwischen den Seen steigen dürfen. Auf Rumänisch erwähnte er noch „Urs“ „Urs“, was so viel wie Bär bedeutet. Wir sollen im Dunkeln nicht nach draussen gehen, da es Bären habe, und wenn was sei, sollen wir Hupen, dann komme er mit dem Gewehr :-), echt nett!
Am Morgen beobachteten wir die Vögel sowie eine grosse Schafherde mit etlichen Hunden. Die Herdenhunde sind sicher auch wegen den Bären so zahlreich vorhanden. Die grossen Hunde waren gegenüber Menschen gelassen, so dass wir keine Angst haben mussten als sie mehrmals im Rudel am Camper vorbeizogen. Die Vögel zu beobachten war eine Pracht. Hunderte Enten plantschten auf dem See, zahlreiche Fischreiher flogen umher und tausende weitere Vögel, darunter Raben, Möwen etc. machten das Beobachten kurzweilig und interessant.
Weiter gings durch schöne Täler der Ostkarpaten bis in die Nähe des Bicaz-See, wo wir oberhalb bei einem fantastischen Aussichtspunkt auf dem Parkplatz schliefen.
Die nächste Nacht verbrachten wir 5 km weiter unten im Dorf Durau, um am darauffolgenden Tag eine grössere Wanderung im Nationalpark Ceahlau zu starten.
30.8.2021
Die Wanderung auf den 1907m hohen pyramidenförmigen Toaca gestaltete sich spannender als zu erwarten war.
Unsere geplante Route wäre eigentlich geschlossen gewesen. Da wir jedoch keine Lust hatten zwei Mal denselben Weg rauf und runter zu laufen, versuchten wir unser Glück trotzdem. Bis zu den schönen Duruitoarea-Wasserfällen war der Weg noch offen. Von dort aus wurde es für ein kleines Stück sehr spannend. Da 6 Wochen vorher ein heftiger Regen ein Teil des Wanderweges und einzelne Stege mitgerissen hat, mussten wir unsere Wanderkünste hervornehmen und im steilen Gelände den Hang hochkraxeln. Nicht zu Unrecht war er geschlossen mussten wir zugeben :-), aber wir haben es locker gemeistert.
Kurz darauf wurden wir noch dafür belohnt und durften die Anwesenheit eines Gämsbockes aus kürzester Distanz geniessen! Da dieser Weg sonst menschenleer ist, liess sich das Tier auch nicht durch uns stören und knabberte frisch fröhlich 10 Meter neben uns an Büschen rum.
Kurz vor Mittag kamen wir oben auf dem Hochplateau des Ceahlau an, wo sich zum ersten Mal der Blick auf das grandiose Panorama des Ceahlau Massiv, mit beeindruckenden Kalksteinklippen und spektakulären Konglomeratstürmen, öffnet. Weiter trafen wir dort auf eine Nonne die Beeren pflückte, sowie zwei Gläubige, die barfuss Pilze sammelten. Das höchstgelegene Kloster Rumäniens lag ganz in der Nähe auf 1730m Höhe.
Da sich oben einige Wanderwege treffen, waren wir auch nicht mehr die einzigen. Regelmässig kreuzten sich Leute auf den letzten 100 Höhenmetern zum Gipfel, der über 519 Treppenstufen erklimmt werden musste. Eine wunderbare Rundumsicht mit Blick auf den grösste Stausee Rumäniens eröffnete sich uns.
Mitten in den knapp 1200 Höhenmetern die es runter ging, machten wir bei einer schönen Berghütte einen Stopp und gönnten uns bei herrlicher Aussicht ins Tal ein Bier :-). Da viele Leute das Runterlaufen unterschätzen, waren Einzelne nicht mehr so gut unterwegs. So auch eine Frau die wegen Knieschmerzen kaum mehr vorwärts kam. Aus Mitleid gaben wir ihr ein Paar unserer Stöcke für die letzten 300m Höhenunterschied und sagten ihnen, dass sie diese später auf den Campingplatz bringen können. Mehr als froh war die arme Frau, und wir bekamen die Stöcke mit einer Flasche Wein zusammen auch wieder zurück :-).
Ein weiterer wunderbarer Wandertag geht zu Ende.
1.9.2021
Durau – Lacu Rosu, Rumänien
Km: 100
Km Total: 5’500
Eine wunderschöne Fahrt durften wir heute geniessen. Es ging durch die berühmte Bicaz Schlucht, welche mit seinen äusserst hohen Felswänden sogar berühmte Schluchten der Schweiz in den Schatten stellt. Majestätisch ragen die Felsen rechts und links der engen Strasse empor hoch bevor Serpentinen den weiteren Verlauf der Strasse bestimmen. Unsere zwei Wander-Autostöppler welche wir kurz vor der Schlucht aufluden, mussten unsere Foto-Stopps bei der Schlucht-Durchfahrt ebenfalls mitmachen :-).
Der Lacu Rosu selbst (roter See) besteht lediglich aus einigen Unterkünften, diversen Restaurants und Marktständen. Nichts Schönes. Der See hingegen, den wir in einer Stunde umwandert hatten, ist sehenswert. Insbesondere wegen der vielen toten Baumstämmen im Wasser, welche eine mystische Stimmung verbreiten. Der natürliche Stausee entstand durch einen Erdrutsch vor über 100 Jahren. Der Mythos besagt, dass der Name „Roter See“ von daher kommt, dass der Erdrutsch ein Dorf unter sich begraben habe, und durch das Blut der verschütteten Bewohner sich der See rot verfärbte.
2.9.2021
Lacu Rosu, Rumänien
Übernachtet haben wir auf einem Parkplatz des „Roten See“ und von dort starteten wir auch unsere Wanderung auf den Suhardul Mic, der mit seiner leuchtend weissen Felswand die gesamte Landschaft von Lacu Rosu dominiert.
Bereits nach anderthalb Stunden standen wir auf dem 1344 m hohen kahlen Gipfel, mit beeindruckendem Ausblick auf den Lacu Rosu und das umliegende Gebirge.
Nun gings einen kleinen Teil des gleichen Wegs wieder bergab, weiter entlang der malerischen kleinen Cupas-Schlucht bis zum Zusammenfluss der Flüsse Cupas und Bicaz.
Wir befinden uns nun in der Bicaz-Schlucht, die spektakulärste und tiefste Kalksteinschlucht Rumäniens, wo wir gestern bereits durchgefahren sind und heute leider eine Weile auf dieser Strasse wandern müssen. Durch die tief eingeschnittene Klamm, in der die Felswände bis zu 400 m emporragen, erreichen wir das sogenannte „Höllentor“, wo die Strasse fast einspurig durchführt. Weiter entlang des Weges erblicken wir das „rumänische Matterhorn“, den 1148 m hohen Piatra Altarului (Altarstein). Erst 1934 gelang es, diesen Felsturm zu bezwingen. Die Leistung wurde kurz später von Zoltan Keresztes in den Schatten gestellt, indem er barfuss und in der Nationaltracht den Felsen erklomm :-). Gleich nach der schmalsten Stelle der Schlucht, dem „Teufelshals“, wo man sich den Felswänden bis auf 10 m nähert, können wir zum Glück die Strasse verlassen und wandern entlang des Bicajel-Bach wiederum in eine Schlucht hinein.
Eine hohe furchteinflössende Hängebrücke führt über die tosenden Wassermassen, die getrennt durch Becken in die Tiefe stürzen. Die weitere Wanderung verlief durch malerische Landschaften mit traditionellen Bergbauernhöfen und wir hatten schöne Ausblicken auf weisse Felswände, die aus dem grünen Wald ragten. Gegen Schluss stiessen wir wiederum auf den Bach Bicajel, der hier etwas gemächlicher dahinfliesst als in der Schlucht. Trotzdem war die fehlende Brücke etwas herausfordernd, kam doch ziemlich viel Wasser daher.
Da wir im Balancieren über Baumstämme nicht sehr wagemutig sind, vor allem weil wir keine nassen Schuhe riskieren wollen, und die Menge an Wasser das Durchwaten auch nicht wirklich einladend machte, mussten wir schlussendlich unsere eigene kleine Brücke aus Schwemmholz konstruieren :-).
Zurück beim Ausgangspunkt, dem Lacu Rosu, gönnten wir uns zur Feier des Tages ein Gebäck, das auf Kohle frisch an diesem Stand gebacken wird und anschliessend entweder mit gemahlenen Erdnüssen oder Zucker und Zimt paniert ist. Wir entschieden uns für die Zuckerbombe :-).
3.9.2021
Lacu Rosu – Sfanta Ana, Rumänien
Km: 140
Km Total: 5’640
In der Mitte unserer Tagesfahrt genossen wir ein feines Mittagessen im überraschend schönen Städtchen Miercurea Ciuc.
In einer Confiserie ergatterten wir später noch zwei Stück Kuchen wie wir sie seit Monaten nicht mehr hatten. Am liebsten hätten wir gleich eine ganze Torte eingepackt :-).
Am Abend landeten wir an unserem Ziel, einem Campingplatz beim einzigen noch bestehenden Kratersee der gesamten Karpaten. Das spezielle des Campings ist der Zaun. Nun, der Platz am Waldrand ist mit starkem Elektrozaun gesichert um die Bären abzuhalten. Trotz Vorfreude bekamen wir in beiden Nächten trotz ergiebiger Suche keinen Bären zu Gesicht.
4.9.2021
Sfanta Ana, Rumänien
Vor dem grossen Touristenansturm machten wir uns auf den Weg zum See. Vom Parkplatz bzw. Campingplatz läuft man ca. 100 Höhenmeter abwärts bis auf den Grund des Vulkankraters, wo der mitten im Wald eingebettete wunderschöne Sankt-Anna-See liegt.
Gemeinsam mit dem benachbarten Mohos-Moor bildet der 7 m tiefe See ein Naturreservat mit vielen botanischen Raritäten und Tierarten, die unter Schutz stehen. Viele Touristen mieten ein kleines Boot und rudern auf dem idyllischen Gewässer umher. Wir entschieden uns auf festem Boden zu bleiben und liefen auf dem gemächlichen und ruhigen Weg rings um den See. Am späteren Nachmittag statteten wir dem gleich neben dem Campingplatz liegenden Mohos-Moor einen Besuch ab.
Das Torfmoor kann nur mit einer geführten Tour besucht werden, welche jede Stunde durchgeführt wird. Leider hatten wir das Pech, dass keiner der Führer Englisch oder Deutsch sprechen konnte und wir auf der Tour somit nicht wirklich viel verstanden. Deutlich sichtbar, und zudem auf einer Informationstafel erläutert, war, dass viele Bäume im Moor dem Borkenkäfer zu Opfer fielen. Der meist über Holzstege oder Pfähle verlaufende Weg durchs Sumpfgebiet führte auch an einen See, dessen blaue Farbe besonders auffällt. Des Weiteren gibt es zahlreiche seltene Pflanzen, darunter halluzinogene und fleischfressende. Ausgerüstet mit Fernglas versuchten wir nach dem Nachtessen unser Glück nochmals mit der Suche von Bären im nahen Wald und in der angrenzenden offenen Wiese. Anstatt eines Bären konnten wir eine wunderschöne weissgraue Eule beobachten, die in der Dämmerung auf der Jagd nach Futter war.
5.9.2021
Sfanta Ana – Braşov, Rumänien
Km: 70
Km Total: 5’710
Wieder ohne Bärensichtung zogen wir weiter. Noch am Strassenrand suchten wir vergeblich nach Meister Petz. In der Nähe von der Stadt Braşov landeten wir im Garten eines Pfarrhauses, einem offiziellen Camping :-).
Seit langem trafen wir wiedermal Schweizer, so standen drei Wohnmobile mit CH Aufkleber auf der Wiese. Zum Abendessen suchten wir uns etwas leckeres im Stadtzentrum. Schliesslich war ja Maryse’s 38. Geburi :-). Da gerade ein internationales Blues- und Jazzfestival stattfand (leider der letzte Tag), liessen wir uns kurz von einer schwedischen Jazzsängerin beschallen, bevor es ins feine und hippe Beizli ging. Zu einer Flasche rumänischem Rotwein genossen wir das super Essen und natürlich ein Dessert :-).
6. – 8.9.2021
Braşov, Rumänien
Km: 60
Km Total: 5’770
In diesen Tagen war wiedermal Wäsche waschen und Berichte schreiben angesagt. Auf dem kleinen Camping hatte man auch sehr schnell Kontakt mit anderen Gästen und wir plauderten und tauschten Geschichten aus. Mit Uschi und Andreas trafen wir sozusagen auf Nachbarn von Maryse, wohnen die beiden doch nur 10 km von Frutigen, in Aeschi :-). Auch die weitere Route musste mal gründlich geplant werden, auch das nimmt mehrere Stunden in Anspruch.
Des Weiteren mussten wir eine Garage finden da wir kein Gas mehr einfüllen konnten. Wir landeten in einer Werkstatt, die einzigartige Wohnmobile fertigt. Ein Projekt im Aufbau war ein ehemaliger Doppelstock-Reisebus, der zum Wohnmobil ausgebaut wird und nun sogar eine Badewanne mitführt. Wir bleiben trotz dem Staunen doch lieber beim Iveco :-). Die Jungs von dieser Firma „Sfinx“ hatten es voll im Griff und wir sind nun kleine Gas-Experten. Der Gastank war voller Luft und konnte deshalb nicht mehr befüllt werden. Trotz etwa einer Stunde Arbeit verzichtete der Besitzer darauf etwas zu verlangen und zeigte uns dafür seine Werkstatt und viele Bilder seiner Fahrzeuge.
Die Stadt Braşov mit ihren knapp 300'000 Einwohner gilt als dynamische und reichste Stadt Rumäniens. An einem Hügel ist mit grossen Buchstaben à la Hollywood „BRAŞOV“ angeschrieben. Die Stadt lädt ein zum Flanieren, mit seiner Fussgängerzone, den Restaurants und auch der schönen Stadtmauer sowie Kirchen und einem schönen Rathaus. Nebenbei hat es auch mit 1.15m Breite, eine der engsten Gassen in ganz Europa.
9.9.2021
Braşov – Noroiosi Vulkane, Rumänien
Km: 230
Km Total: 6’000
Ein Pflichtbesuch fast eines jeden Rumänien-Besuchers stand auf dem Programm. Das über 600 Jahre alte Schloss Bran, wo einem Roman zufolge der berühmte Graf Dracula hauste.
Wir hatten Glück und wurden nicht Opfer des Vampirs :-). Wie zu erwarten, waren die engen Gänge und Räume des sehr sehenswerten Schlosses verstopft mit anderen Gästen. Auch interessant war, dass man sich an Wochenenden direkt beim Schloss gegen Corona impfen lassen könnte.
Auf der Weiterfahrt Richtung Südosten fuhren wir immer wieder durch kleine Dörfer, in denen es entlang der Strasse und in den Gärten zahlreiche Zwetschgenbäume gab. Fast alle dieser Bäume waren voll bepackt mit Früchten, die Fülle an Zwetschgen war wirklich bemerkenswert! Ebenfalls besonders waren die vielen kleinen Stände, wo Sanddornbeeren verkauft wurden. Entlang der Strasse wollten wir Honig kaufen und bemerkten erst vor dem Stand, dass in den Gläsern etwas Anderes drin war :-). Da wir das alte Grosi nicht enttäuschen konnten, fuhren wir mit einem Fläschchen Rosensirup und einem Glas Sanddornkonfitüre weiter.
Wenige Kilometer weiter landeten wir auf einen wunderbaren Campingplatz der direkt zwischen Schlammvulkanen liegt.
10.9.2021
Noroiosi Vulkane, Rumänien
Auf beiden Seiten des Campings, je etwa 20-30 Minuten zu Fuss, erwarteten uns die sogenannten Noroiosi Schlammvulkane, die zu den Hauptattraktionen in ganz Rumänien zählen.
Es sind nicht effektiv vulkanische Aktivitäten vorhanden, sie verdanken den Namen ihrer Form. Die „Vulkane“ entstehen durch Methangase, die aus 3000m Tiefe durch ton- und wasserhaltige Schichten aufsteigen und diese Schichten mit nach oben tragen. Die pflanzen- und tierfeindliche Gegend ähnelt eher einer Mondlandschaft. Überall hat es kraterähnliche Erhöhungen, wo es im inneren brodelt und blubbert.
Man kann sogar die Methangase wunderbar beobachten, die aus den platzenden Schlammblasen austreten. Auf den Warnschildern des Parks ist deswegen auch erwähnt, dass man nicht mit einer Zigarette oder einem Feuer zu Nahe gehen soll, da man sonst vermutlich einen schwarzen Kopf bekommt :-).
Neben all den Wanderungen und Städten in den letzten Wochen war dieser Ausflug jede Minute Umweg wert. Etwas völlig Anderes, wie wir es noch nie gesehen haben!
11.9.2021
Noroiosi Vulkane – Mocearu See, Rumänien
Km: 50
Km Total: 6’050
Von den Schlammvulkanen gings weiter über holprige nicht asphaltierte Strassen zu dem Meledic Salzplateau. Neben der Strasse erschien eine karge Felslandschaft die mit den weissen schroffen Felsen an eine Winterlandschaft erinnert.
Doch es war kein Schnee, sondern eingetrocknete krustige Salzablagerungen. Auch bei diesem Salzplateau entspringt aus einer kleinen Höhle ein extrem salzhaltiger Bach, welcher den darunterliegenden Fluss ebenfalls noch einige Meter weit weiss einfärbt.
Die Strasse führte weiter in die Höhe bis zum See Lacul Mare Meledic, der oberhalb des Salzplateaus liegt. Da unser Thermostat seit einer Woche hinüber ist, hat sich der Iveco bei den langsamen Geschwindigkeiten fast überhitzt. Also spielen wir von nun an „Thermostat“ und müssen zum Teil, unabhängig ob wir bereits warm haben, die Heizung auf Volltouren laufen lassen :-).
Bei dem See Lacul Mare Meledic unternahmen wir eine kleine Wanderung und bestaunten das sogenannte „grosse Amphitheater“, einen Steilhang aus Salzgestein mit etlichen vertikal verlaufenden Klüften. Ein super Ausblick und neben den unzähligen anderen Wanderungen wirklich etwas Aussergewöhnliches und Faszinierendes!
Unsere Route im sehr abgelegenen Gebiet! Von den Noroiosi Schlamm-Vulkanen, über das Meledic Salzplateau zum Mocearusee.
Die Wege die wir mit dem Iveco weiter bestritten waren meist holprig und wir fuhren mit 10 bis 20km/h. Spannend war es dafür umso mehr, in den wirklich abgelegenen Regionen und Dörfern rumzufahren. Am späteren Nachmittag war die Fahrt beim malerischen Mocearu-See zu Ende.
Wir waren nicht die einzigen am See, hauptsächlich weil Samstag war. In der Nähe von uns nächtigte ein Paar mit Auto und Zelt aus Bukarest. Nach kurzer Zeit bekamen wir von den netten Leuten frisch grillierte kleine Würste zum Probieren, welche zum Bier wunderbar schmeckten.
12.9.2021
Mocearu See – Crasna, Rumänien
Km: 80
Km Total: 6’130
Ein leidiges Thema in Rumänien ist der ewige Abfall. Auch an dem malerischen See lag überall Müll an den Picknickplätzen. Wir starteten noch vor dem Frühstück eine kleine Aufräumaktion um unser Plätzchen herum und füllten einen grossen Sack mit Pet-Flaschen und einen kleinen mit Papiertüchern, die wir später sauber entsorgten. Den Müll brachten wir schön sichtbar hinten am Iveco an, in der Hoffnung, dass sich der eine oder andere überlegt was wir hier haben!
Auf jeden Fall konnten wir dann das Frühstück draussen am See so richtig geniessen.
In einer Stunde wanderten wir vor der Weiterfahrt noch um den See. Unterwegs begegneten wir noch einem Schäfer mit Herde und den dazugehörigen Hunden. Die drei grossen Hunde kamen uns bellend begrüssen. Der freundliche Schäfer drückte uns dann zwei Scheiben Brot in die Hand und meinte, wenn die eigentlich lieben Hunde nochmals kommen, sollen wir ihnen einfach Brot geben, dann seien sie ganz zahm :-).
Die Fahrt ging über schlechte, nicht asphaltierte Strässchen weiter. Hügellandschaften und kleinste Dörfer prägten das Bild in dem verlassenen aber interessanten Gebiet.
Als wir wieder die Hauptstrasse erreichten, fuhren wir noch ein paar Kilometer bis wir am wunderbaren Buzau Bach, vis-à-vis einer grossen Schafherde nächtigten.
13.9.2021
Crasna – Carnic, Rumänien
Km: 390
Km Total: 6’520
Heute musste der Iveco die längste Strecke unserer bisherigen Reise absolvieren. Von den Ost- in die Südkarpaten.
Bei der Suche nach einem neuen Thermostat für unser Gefährt landeten wir als erstes zurück in Braşov bei der Iveco Vertretung. Leider hatten diese keinen an Lager, also zogen wir weiter. In der nächsten grossen Stadt Sibiu konnten wir dann den Thermostat bestellen und werden diesen später, da wir sowieso wieder in Sibiu vorbeikommen werden, einbauen lassen.
Die Hauptstrasse zwischen Braşov und Sibiu war voll mit Verkehr, doch Chauffeur Maryse hat alle brenzligen Situationen, insbesondere die haarsträubenden Überholmanöver der Rumänen, wunderbar gemeistert.
Schliesslich landeten wir gegen 20 Uhr an unserem Ziel, dem Retezat Nationalpark. Nur wenige Kilometer vor dem Endziel übernachteten wir am Wegrand im Wald, da es so spät am Abend keinen Sinn mehr machte den Campingplatz im Dorf aufzusuchen und zu bezahlen.
14. – 17.9.2021
Carnic, Rumänien
Vor dem Mittag richteten wir uns bei Giovanni, dem immer fröhlichen und sehr sympathischen Campingchef und seiner Frau, ein. Die beiden Pensionierten leiten den Camping voller Freude, so fühlt man sich gleich wohl.
Den Rest des Tages nutzten wir zur Planung der anstehenden zweitägigen Wanderung und zum Berichte schreiben. Gegen Abend trudelte ein weiterer Camper ein und wenig später machten wir Bekanntschaft mit Simone und Florian aus Bern. Überraschenderweise kannten die beiden uns bereits von unserer Homepage :-). Simone hatte vor Kurzem ihr Praktikum auf dem Grundbuchamt in Frutigen absolviert und von meinen ehemaligen Arbeitskameraden den Link auf unsere Homepage erhalten. Die beiden hatten ebenfalls eine lange Reise mit dem Camper geplant und mussten diese coronabedingt verschieben. Stattdessen haben sie nun ihr Notariatspatent in Angriff genommen und die Reise auf Anfangs 2023 verschoben. Aktuell sind sie für vier Wochen in Rumänien in den Ferien.
Bei Wein und Käse hatten wir einen lustigen Abend mit ihnen und dem Campingteam. Den nächsten Tag konnten wir gemächlich angehen, da wir lediglich bis zur 400 m höher gelegenen Pietrele Hütte liefen.
Nach dem Mittag wanderten wir los, machten einen kurzen Abstecher zum kleinen Lolaia-Wasserfall und kamen nach einem zweistündigen Marsch in der mitten im Wald liegenden Hütte an. Übernachtet wird entweder in der „Villa“ oder in kleinen, im Wald verstreuten Häuschen. Der mürrische Hüttenchef drückte uns einen Schlüssel in die Hand und wir bezogen unser Zweierzimmer in der „Villa“. Am nächsten Tag war um 6.15 Uhr Tagwache, wir packten unsere Sachen und liefen um 7.00 Uhr ohne Morgenessen los. In der Hütte gabs leider erst ab 8.00 Uhr etwas zu essen. Der Berg Retezat, unser heutiges Ziel, lag gut 1200 m höher. Erst noch im Bett, gings schon bald steil den Wald hinauf, bis wir den waldlosen Lolaia-Kamm erreichten.
Verfolgt von einem Fliegenschwarm, mussten wir unser Morgenessen immer weiter verschieben, bis wir nach zwei Stunden endlich unser Brot mit Käse verdrücken konnten. Die Morgensonne tauchte die Berghänge mit den rot gefärbten Heidelbeerstauden in ein fantastisches Licht. Der Herbst hat nun definitiv Einzug gehalten. Der Weg über den Bergkamm war eher mühsam und zeitraubend, oft ging es über Geröllfelder mit riesigen Steinen, wo Konzentration und Balance gefragt war.
Über die schroffe Nordflanke erreichten wir schlussendlich den 2482 m hohen Gipfel und wurden mit einer fantastischen Aussicht über das Retezat Gebirge mit seinen unzähligen Bergseen belohnt. Wenig später kam eine Gruppe Rumänen mit vier Hunden im Schlepptau auf dem Gipfel an. Wir dachten eigentlich, dass die Hunde zu der Gruppe gehören. Doch als wir den Abstieg in Angriff nahmen und die Hunde plötzlich uns folgten, wurde uns bewusst, dass dies vermutlich Streunerhunde waren, die der Gruppe bis auf den Gipfel gefolgt waren.
Drei der Hunde blieben nach einer Weile zurück, einer jedoch folgte uns auf Schritt und Tritt. Später wurden wir eingeholt von den Rumänen und unser treuer Begleiter „Lumpi“ schloss sich abwechslungsweise der Gruppe und dann wieder uns an, bis wir ihn ganz aus den Augen verloren. Wir fragten die Gruppe noch, was dies eigentlich für Hunde seien. Ganz selbstverständlich antworteten sie, dass dies „Berghunde“ seien und diese immer den Leuten in die Berge folgten… Aha ok, also nichts Besonderes, wenn Einem fremde Hunde auf 2500 m hohe Gipfel folgen ;-).
Auf dem Rückweg eröffneten sich wunderschöne Ausblicke auf den grossen Bucura-See und weitere kleinere Bergseen sowie in die angrenzenden Täler.
Der Rückweg führte durchs langgezogene Pietrele-Tal zurück zum Camping. Bereits weit unten im Tal tauchte übrigens „Lumpi“ wie aus dem Nichts wieder auf und begleitete uns nochmals ein Stück bis er definitiv das Weite suchte.
Nach 1600 m Abstieg kamen wir um 20.00 Uhr endlich beim Campingplatz an. Nach der strengen aber wunderschönen Wanderung erholten wir uns am nächsten Tag gemütlich auf dem Campingplatz. Fürs Nachtessen meldeten wir uns bei der Camping-Mama Doina an.
Es hatte noch andere Gäste, die in der Pension übernachteten, und die alle mit uns zusammen assen. Aufgetischt wurde zuerst eine Fleischsuppe, dann Pouletschenkel, Würste, Kartoffeln, Sauerkraut, Polenta und Käse. Zum Trinken gabs nichts ausser Heidelbeerschnaps :-). Nach dem Essen hatten wir ein langes Gespräch mit Marius und Lucian, die eine interessante Mischung aus Patrioten, Nationalisten, EU-Gegnern, Mystikern und Corona-Skeptikern darstellen. Über zwei Stunden hielt uns Lucian auf Italienisch (was wir verdächtig gut verstanden) einen Vortrag über den fehlenden Nationalstolz der Rumänen, korrupte eigennützige Politiker, die unterdrückte Vergangenheit/Geschichte Rumäniens und zu guter Letzt noch über ihre mystischen Erfahrungen in den Bergen.
18.9.2021
Carnic – Transalpina Pass, Rumänien
Km: 100
Km Total: 6’620
Nun war Abschied vom Camping angesagt. Die sehr familiäre Atmosphäre wird uns immer in Erinnerung bleiben und mit Fotos und Adresse austauschen sagten wir den lieben Leuten Tschüss. Durch ein Seitental erreichten wir die inmitten der Südkarpaten liegende Transalpina-Passstrasse.
Auf einem Hügel, nur minim unterhalb der 2132 m hohen Passhöhe, schlugen wir bei kaltem und starkem Wind unser Lager auf. Zuoberst auf dem Pass herrschte dichter Nebel, der sich zum Glück ein wenig unterhalb lichtete und somit die herrliche Bergkulisse zum Vorschein brachte. Der konstante Wind gab uns die ganze Nacht für einmal ein Gefühl, als ob wir uns in einem Zug oder auf einem Schiff befinden :-).
19.9.2021
Transalpina Pass – Obârsia Lotrului, Rumänien
Km: 30
Km Total: 6’650
Unsere Standheizung kam nun bereits mehrmals zum Einsatz! Schön kuschelig konnten wir bei 23°C im Iveco frühstücken während der eisige Wind um die isolierte Kabine rauschte. In der Nähe des höchsten Punktes des Passes erkundeten wir die Gegend mit dem Iveco auf den unzähligen Serpentinen.
Eine kleine Wanderung auf einen der nahegelegenen Hügel rundete die Besichtigung der berühmten Passstrasse ab.
Am Abend übernachteten wir in etwas tieferen und zum Glück windstilleren Gefilden. Zwischen der in der Nacht sehr ruhigen Passstrasse und einem Bach schliefen wir wunderbar ein.
20.9.2021
Obârsia Lotrului – Obârsia Lotrului, Rumänien
Km: 60
Km Total: 6’710
Was passiert in der heutigen Zeit, wenn man kein Internet hat? Man zieht ohne Wettervorhersage auf eine kleinere Wandertour los! Beim Aufladen unserer SIM-Karte mit 5€ lief etwas schief und wir hatten seit ein paar Tagen kein Internet mehr.
Bereits am Morgen regnete es leicht, so entschieden wir uns unter die „Schirm-Wanderer“ zu gehen :-).
Das Wetter blieb den ganzen Tag nass und unfreundlich! Wir konnten trotzdem die fantastische Kulisse und einer der angeblich schönsten Bergseen der Südkarpaten bestaunen. Wunderbar eingebettet in einem aufgefächerten Gletscherkessel lag der Câlcescu See, bei dem wir in einer regenfreien Pause unser Mittagessen zu uns nahmen.
Nicht so erstaunlich war, dass wir weit und breit die einzigen waren :-). Bei dem Wetter waren wir froh nach 7 Stunden und 600 Höhenmeter wieder beim Iveco angekommen zu sein. Vergebens fuhren wir einige Kilometer um an einem See zu übernachten. Miese Strasse hin und zurück und nichts gefunden zum Schlafen. Also landeten wir am selben Ort wie am Vortag, wo es ja eigentlich auch ganz gemütlich war.
Gegen 7 Uhr kamen zwei weitere Fahrzeuge beim Bach an und gleich darauf klopfte es an unserer Türe. Eine Frau und zwei Jungs aus der Schweiz waren mit zwei Offroad-Jeeps in Rumänien unterwegs. Im geräumigen und geheizten Iveco luden wir die drei später ein mit uns gemütlich ein Bier zu trinken :-).
21.9.2021
Obârsia Lotrului – Oasa See, Rumänien
Km: 70
Km Total: 6’780
Ein sehr gemütlicher Tag wo wir uns am Morgen von den Schweizern verabschiedeten und lediglich am Oasa See etwas tiefer im Tal übernachteten.
22.9.2021
Oasa See – Sibiu, Rumänien
Km: 80
Km Total: 6’860
Um in die Stadt Sibiu zu kommen, wählten wir die Nebenstrassen. Durch verschiedene Dörfer gelangten wir in die 150'000 Einwohner Stadt Sibiu.
Als erstes wollten wir den bestellten Thermostat für den Iveco abholen und einbauen lassen. Damit der Motor einigermassen kalt wäre bei Ankunft in der Garage, wählten wir unsere Mittagspause direkt neben der Garage in einer Arbeiterbeiz. Beide wählten ein Mittagsmenu. Unsere Sprachkenntnisse reichten um zu verstehen, dass wir ein Teller mit Huhn bestellen. Sie reichten aber nicht ganz aus, so erhielten wir eines der Teller mit Hühnerleber welche wir kaum runterbrachten!! Unauffällig packten wir das Fleisch in Papier ein und vermachten es später am Abend der Campingplatzkatze, welche es mit Freude genoss :-).
Leider hatte nun die Garage keine Zeit für uns, so zogen wir mit dem Ersatzteil weiter auf den unattraktiven aber praktischen Stadt-Campingplatz.
23.9.2021
Sibiu, Rumänien
Die Stadt Sibiu ist neben Brasov beispielhaft für den Wirtschaftsboom, den Rumänien seit der Jahrtausendwende erlebt. Viele ausländische Unternehmen, vor allem Zulieferer der deutschen Autoindustrie, liessen sich hier nieder. Touristisch gesehen, besticht die Stadt vor allem mit seiner schönen barocken Architektur.
Im Jahr 2007 wurde sie zur Kulturhauptstadt Europas ernannt, was auch dafür genutzt wurde, die historische Bausubstanz zu sanieren und die ganze Infrastruktur zu verbessern. Die verschiedenen barocken Kirchen, Paläste und Plätze stammen aus dem späten 17. Jahrhundert. Die Stadt bietet jedoch nicht nur historische Architektur, sondern auch spannende zeitgenössische Kultur sowie hochstehende Gastronomie. Regelmässig finden hier landesweit berühmte Festivals statt; von Jazz, Oper, Ballett zu Film und Theater, für jeden Geschmack ist hier etwas zu finden. Da wir nur einen Tag in der Stadt verbrachten, machten wir vor allem von der Gastronomie Gebrauch :-).
24.9.2021
Sibiu – Porumbacu de sus, Rumänien
Km: 50
Km Total: 6’910
Die Fahrt ging nur auf einen Campingplatz beim Ausgangspunkt der anstehenden Wanderung. Eigentlich wäre der Campingplatz bereits geschlossen gewesen, jedoch liess uns der Besitzer trotzdem aufs Gelände. Erwähnenswert ist aber folgendes. Eine unserer Aufgaben als Wohnmobilfahrer ist das Entleeren des Wassertanks. Da kaum ein Camping in Rumänien dafür ausgerüstet ist muss man dieses Wasser (z.T. über 100L Wasser vom Abwasch, Zähneputzen etc.) sonst entsorgen. Wegen Abwaschmittel und Konsorten wollen wir dies nicht (wie vermutlich viele Camper es trotzdem machen) am Strassenrand entleeren. Also benützen wir oft Autowaschanlagen. Der sehr nette Aufpasser der grossen Anlage lenkte uns zum besten Platz direkt vor seinem „Büro“ und so endeten wir wieder einmal beim Fahrzeug abspritzen und unauffälligem öffnen des Abwassertanks :-).
25. – 28.9.2021
Porumbacu de sus, Rumänien
Wanderung Negoiu.
Da wir in der Regel nicht sehr weit im Voraus planen, hatten wir erst gestern versucht, in der Negoiu-Berghütte ein Zimmer zu reservieren. Der Plan wäre eigentlich, heute dort zu übernachten… Unsere Anrufe und SMS blieben jedoch unbeantwortet. Der Campingplatzbesitzer konnte auch nicht wirklich weiterhelfen, im Gegenteil, er war sogar der Meinung, dass die Hütte wegen Umbauarbeiten gar nicht geöffnet wäre. Wir wollten jedoch das übers Wochenende vorausgesagte traumhafte Herbstwetter unbedingt nutzen. Somit war unsere einzige Möglichkeit, die Wanderung am Morgen früh zu starten, damit wir im schlimmsten Fall genug Zeit hätten, von der Hütte wieder abzusteigen. Gesagt, getan. Kurz nach 8.00 Uhr lag das Dorf bereits hinter uns und wir liefen ca. 9 km auf einer langweiligen, stetig ansteigenden Kiesstrasse entlang des Raul Mare-Flusses durch den Wald, tief ins Tal hinein. Ab und zu überholte uns ein Auto, die meisten Hüttengänger ersparten sich den langen Weg zu Fuss. Vom Parkplatz aus gings dann noch zwei Stunden steil den Wald hinauf bis wir nach ca. 4 ½ Stunden bei der Hütte ankamen.
Auf dem Dach arbeiteten Handwerker, es sah rings um die Hütte etwas chaotisch und unaufgeräumt auf und aus den Fenstern tönte laute aber gute Blues-Musik. Wir standen zuerst ein bisschen unschlüssig rum, bis wir einen jungen Typen fragen konnten, ob die Hütte eigentlich geöffnet wäre. Dieser bejahte, wir sollten nur reinkommen. Die Doppelzimmer waren alle ausgebucht, wir bekamen aber glücklicherweise noch zwei Betten in einem Achterzimmer. Wir erwähnten an der Rezeption noch, dass wir keine Antwort auf unsere Anrufe und SMS erhalten hätten. Die Rasta-Frau erwiderte nur, dass sie so viele Anfragen bekäme und halt nicht alle beantworten könne… Wir richteten es uns bei der Hütte gemütlich ein, assen unser Zmittag und machten später noch einen kurzen Abstecher zum Serbota-Wasserfall. Natürlich gönnten wir uns anschliessend bei Sonnenschein, toller Aussicht und guter Musik ein Bierchen. Nach und nach trudelten immer mehr Leute ein. Die einen kamen zurück vom Gipfel, die anderen stiegen vom Tal hinauf. Am Abend war der vom Holzofen wohlgewärmte Speisesaal vollgestopft mit Leuten. Zu erwähnen ist ausserdem, dass die Negoiu-Hütte die grösste der Karpaten ist und für eine Berghütte überaus vornehm ausgerüstet ist. Über drei Etagen verteilt gibt es 126 Schlafplätze, auf jeder Etage hat es einen Sanitärbereich mit fliessend Wasser und einer Warmwasserdusche und die Zimmer sind mittels Radiatoren geheizt. Die Warmwasserversorgung sowie Heizung wird über Photovoltaik betrieben. Etwas gewöhnungsbedürftig ist auch das nächtliche Programm der Hütte. Es gibt einen Discobereich mit Bar, die Musik dröhnt bis in die Zimmer hinauf. Glücklicherweise wurde die Musik um 22.00 Uhr leiser gestellt :-). Wir hatten übrigens in unserem Achterzimmer nur einen Zimmergenossen, in Zeiten von Corona waren wir jedenfalls ziemlich froh darüber. Am nächsten Morgen gabs mit fast einer Stunde Verspätung, um 8.45 Uhr, unser Morgenessen, dann nahmen wir die 1000 Höhenmeter in Angriff.
Der Weg zeigte sich als sehr abwechslungsreich: Furchterregende Stege, ein wunderschöner Wasserfall, Bergbäche, aufragende spitze Felsen und einige Kletterpartien machten die Wanderung interessant. Da es die vorherigen Tage kalt und nass gewesen war, gab es im oberen Bereich sogar schon ein bisschen Schnee.
Auf dem 2535 m hohen Gipfel des Negoiu präsentierte sich ein atemberaubendes Panorama über das gewaltige Fagaras-Gebirge. Übrigens ist der Negoiu der zweithöchste Gipfel Rumäniens; der höchste ist jedoch nur neun Meter höher :-). Da wir eine weitere Nacht in der Hütte gebucht haben, hatten wir absolut keinen Stress und verbrachten zwei genüssliche Stunden auf dem Gipfel. Über den gleichen Weg stiegen wir wieder ab zur Hütte. An diesem Abend war deutlich weniger los, nebst zwei Stammgästen waren wir die einzigen! Der Wechsel ins Doppelzimmer hätten wir uns ersparen können… Einer dieser Stammgäste sprach uns später noch in einem breiten „Züridütsch“ an. Es war ein Rumäne, der als junger Mann für vier Jahre in der Schweiz studierte und dabei sogar Schweizerdeutsch lernte. Er kehrte zurück nach Rumänien und besitzt heute ein Betonunternehmen, wobei er ab und zu beruflich die Schweiz besucht. Am Montagmorgen nahmen wir Abschied von der Hütte und nahmen den Abstieg von 1000 Höhenmeter in Angriff.
Wieder einmal hatten wir einen tierischen Begleiter namens „Barry“. Schon im Vorfeld war uns der grosse bernhardinerähnliche Hund aufgefallen, lag er doch meist in der Nähe der Hütte, schaute einem treuherzig an und war dankbar für etwas Essbares. Für uns war eigentlich klar, dass dieser Hund zur Hütte gehört. Dem war anscheinend nicht so, denn Barry kam ganz selbstverständlich mit uns. Wir probierten ihn einige Male zu verscheuchen, da wir immer noch glaubten, dass er zur Hütte gehörte. Doch er liess sich nicht beirren, verfolgte uns weiter und wartete sogar geduldig auf uns, wenn wir Pause machten. Vor dem Dorf verabschiedete er sich und ging seinen Weg. Den restlichen Tag verbrachten wir auf dem Campingplatz.
Südkarpaten:
Bilder auf Karte von links nach rechts:
Retezat Nationalpark; Transalpina Pass; Stadt Sibiu; Berg Negoiu; Transfăgărășan Pass
29.9.2021
Porumbacu de sus – Bâlea See (Transfăgărășan Pass-Strasse), Rumänien
Km: 60
Km Total: 6’970
Das schlechte und neblige Wetter begleitete uns auf der Strecke in Richtung der berühmten Transfăgărășan Pass-Strasse. Angeblich eine der schönsten Passstrassen Europas. Wegen der zu erwarteten Kälte auf der Passhöhe übernachteten wir etwas weiter unten an einem schönen Platz, der natürlich auch vom dicken Nebel eingenommen wurde.
30.9.2021
Über die Passhöhe der Transfăgărășan Strasse, Rumänien
Km: 20
Km Total: 6’990
Auf der Passhöhe (2042m / 6699 feet), wo es ein ständiges Kommen und Gehen des Nebels war, unternahmen wir, wie könnte es anders sein, eine kleine Wanderung. Um einen Blick auf die versteckte andere Seite des Passes zu erhaschen, liefen wir auf die Krete hoch und konnten trotz dem Nebel einiges sehen.
Neben der fantastischen Berglandschaft auch die beeindruckende, mit unzähligen Serpentinen bestückte Bergstrasse. Die Transfăgărășan Strasse wurde in den 70er-Jahren gebaut und galt damals als grosse Errungenschaft des Sozialismus und dient seither ausschliesslich dem Tourismus.
Weiter gings mit dem Iveco durch den Tunnel auf die Südseite des Passes. Einige hundert Höhenmeter tiefer gings über einen Offroad-Weg an unseren wunderbaren Schlafplatz, welchen wir übrigens wegen dem Nebel erst am nächsten geniessen konnten.
1.10.2021
Transfăgărășan Pass-Strasse – Bukarest, Rumänien
Km: 230
Km Total: 7’220
Sage und schreibe fünf Monate waren wir in den gesamten Karpaten unterwegs. Mit etwas Wehmut fuhren wir die letzte Passstrasse in Richtung Flachland, in Richtung Süden. Das Schicksal wendete sich aus dem Nichts und völlig unerwartet in eine positive Richtung! Die Hoffnung noch einen Bären zu sehen hatten wir bereits aufgegeben, und dann das. Auf der letzten Strecke, auf den letzten 10 km wo man noch einen sehen könnte, hüpfte ein Prachtexemplar von einem Braunbären vor uns über die Strasse. „Ein Bär“, „ein Bär“ tönte es von beiden Sitzen her :-).
Aus Angst, ihn nur kurz zu Gesicht zu bekommen, gabs das erste Foto mit dem Handy. In den 30 Minuten, welche wir in nächster Nähe zum Bären verbrachten, steigerte sich das Fotografieren vom Handy, zur Kompaktkamera bis zur Spiegelreflexkamera. Für uns sicher ein Highlight, jedoch hat es auch seine Schattenseite. Der Grund, warum wir den Bären ewig lang beobachten konnten, liegt leider daran, dass es Leute gibt die sie am Strassenrand füttern. Während der Zeit wo wir beim Bären waren, kamen vier rumänische Autos. Der Bär wurde aber lediglich von einem älteren deutschen Wohnmobil-Paar gefüttert :-( ! Nicht einmal um ihn anzulocken, sie warfen einfach ein Brot zum Fenster hinaus, 5 Meter zum Bären hin. Nach unserem Kommentar in sauberem Schweizer Hochdeutsch „Genau das sollte man eben nicht machen“ kam vom Deutschen zurück „Das is doch kein Wildtia, dea is ja imma da“. Darauf wir wieder „Genau wegen dem gibt es Probleme!“. Kurz darauf fuhr er beleidigt weiter. Leider gibt es genug solche dummen Leute, so dass dieser Bär vermutlich den ganzen Tag in der Nähe der Strasse ist. Nichtsdestotrotz genossen wir das Erlebnis in vollen Zügen. Rumänien hat effektiv ein grösseres Problem mit den 4'000 – 6'000 Braunbären. Diese gehen immer wie näher an menschliche Siedlungen ran und es kommt zu Konflikten. Gründe werden einige genannt. Natürlich ist ein Hauptgrund die Ausdehnung des Menschen, ob mit Siedlungen oder Abholzung. Zum anderen der Klimawandel, der den Winterschlaf der Bären verkürzt und diese somit im Winter weniger Futter finden und in die Dörfer gehen. Dann ist die Jagd nach Bären verboten worden und somit fehlt von Zahlungsfähigen Jagdkunden aus dem Ausland Geld, das früher verwendet wurde um Bären im Wald regelmässig zu füttern.
Weiter gings entlang eines riesigen Stausees und das Flachland kam näher und näher.
150 km vor Bukarest besuchten wir zur Abwechslung wieder einmal ein Gotteshaus. Die Kathedrale im Städtchen Curtea de Arges ist eines der berühmtesten Gebäude in Rumänien und ist auch die Grabstätte der Rumänischen Königsfamilie.
Nun zu einem ganz anderen Thema. Drei Monate ist es her, seit wir in der Slowakei unsere Treppe zu Schrott gefahren haben. Nach dem Montieren der neuen Treppe nahmen wir die alte mit, um sie zu fachgerecht zu entsorgen. Drei Monate später war die Treppe immer noch an den Sandblechen befestigt. Kurz vor Bukarest sahen wir einen Schrottplatz, also endlich die Treppe loswerden. Am meisten beeindruckt waren wir von der Oma, die mit dem grossen Hammer auf einem Getriebe rumhämmerte, um es in seine Einzelteile zu zerlegen :-). Also dann, die Treppe auf die Waage: 5 kg. Anstelle etwas zu bezahlen, bekamen wir 2€ fürs Altmetall. Wir wollten das Geld eigentlich nicht, doch der Schrottplatzchef bestand darauf und meinte, dass wir damit eine Suppe essen gehen sollen :-).
In Bukarest landeten wir aus Mangel an anderen Optionen auf einem etwas schäbigen aber günstigen Campingplatz, der 15 km ausserhalb des Zentrums ist.
2. – 4.10.2021
Bukarest, Rumänien
Vom Campingplatz ins Zentrum nahmen wir meistens ein UBER-Taxi. Da die Fahrer ab und zu 100km/h erreichen, ist man zügig im Zentrum :-). In Bukarest erlebt man beim Recherchieren des Reiseführers eine kleine Zeitreise zurück in den Kommunismus und zum Zerfall des kommunistischen Ostblockes vor über 30 Jahren. Zum einen sicherlich beim Besuch des gigantischen und absolut übertriebenen Parlamentspalastes.
Nach der stündigen Führung und einer gelaufenen Strecke von 1.5km im Gebäude, wurde uns erklärt, dass wir nun 5% des Gebäudes gesehen haben! Faszinierend und schockierend gleichermassen, was krankhafter Grössenwahnsinn mit Leuten wie dem damaligen Präsidenten Ceausescu machen kann. Dieser liess das Gebäude, das nach dem Pentagon das zweitgrösste Regierungsgebäude der Welt ist, nach seinen Vorstellungen in den 80er Jahren für geschätzte 3.3 Milliarden Euro errichten. Erbaut wurde es ausschliesslich mit Materialien aus Rumänien. Ein paar irrwitzige Zahlen: Grundfläche 65’000m²; 5'100 Räume; 1'000'000 m³ Marmor; 480 Kronleuchter.
Zum anderen erlebt man den Zerfall des kommunistischen Ostblockes vor über 30 Jahren ganz klar beim Besuch des Gebäudes des ehemaligen Zentralkomitees. Jenes Gebäude, wo Nicolae Ceausescu am 21.12.1989 seine letzte Rede hielt und später mit dem Helikopter vom Dach des Gebäudes flüchten musste. Wenige Tage später, am 25.12.1989, wurde Ceausescu, der damalige Staatspräsident der kommunistischen Partei, zusammen mit seiner Frau nach einem kurzen Prozess hingerichtet. Neben weiteren Highlights wie dem Triumphbogen aus dem ersten Weltkrieg oder dem Athenäum (heute Konzerthaus mit Staatsphilharmonie) genossen wir vor allem die Altstadt.
Da für die Rumänen Corona durch den Sommer schlichtweg nicht existierte, stiegen die Fallzahlen nun rapide an. So entschied sich die Regierung kurzerhand die 1G Regel einzuführen. Nur geimpfte Personen durften ins Restaurant. Also gabs Büchsenbier im Park und Essen auf der Parkbank. Wir landeten dann auch noch per Zufall mitten in einer Corona-Demonstration. Bukarest ist sicherlich ein Besuch wert, trotzdem zog es uns bald weiter.
5.10.2021
Bukarest, Rumänien – Koshov, Bulgarien
Km: 200
Km Total: 7’420
Bevor wir über die Grenze nach Bulgarien gingen, mussten wir noch einiges erledigen. Unter anderem in eine Shopping Mall, in einen Campingladen sowie in einen Asien-Shop um Chilipaste zu kaufen. All diese Shops waren ganz im Norden der Stadt und wir mussten in Richtung Süden. Da die Ringstrasse um die 1.8 Millionen-Einwohner Stadt verstopft war, fuhren wir einmal quer durch Bukarest, mitten durchs Zentrum. Mit etwas Hilfe von unserer Hupe schafften wir dies ohne Probleme :-). Der Grenzübertritt verlief problemlos innert weniger Minuten. Unser Corona-Test wurde jedoch genau kontrolliert. Bei Dunkelheit fuhren wir die ersten Kilometer in Bulgarien. In der Grenzstadt Russe besorgten wir Bargeld (Bulgarien hat keinen €) und fuhren noch eine knappe Stunde bis auf den leeren Campingplatz in Koshov.