Türkei Teil 1, Marmarameer und Istanbul 

7.12.2021

Nikolovo, Bulgarien – Kuzucargadi, Türkei

Km: 200

Km Total: 8’880

Um überhaupt vom See wegzukommen und in Richtung Türkei fahren zu können, mussten wir den Allradantrieb und Sperre einschalten. Der nächtliche Regen verwandelte den Weg in eine Rutschbahn.

Nach einer kurzen Mittagspause im Städtchen Swilengrad (Länderdreieck GR, BG, TR), näherten wir uns der Türkei. Irgendwie stieg die Spannung kurz vor dieser Grenze mehr als bei anderen Grenzen. Nicht aus Bedenken, sondern einfach aus Neugier und Vorfreude auf ein doch etwas anderes Land als die restlichen Länder in Osteuropa.


Der Grenzübertritt dauerte nur 20 Minuten und es wurde weder wegen Corona nachgefragt, noch das Auto durchsucht. In der ersten Stadt, in Edirne, deckten wir uns mit einer SIM-Karte und Bargeld ein. Erleben durften wir auch das erste Verkehrschaos und wir waren froh als wir wieder auf der Autobahn waren. Da es bereits dunkel war, entschlossen wir uns ausnahmsweise auf einer Autobahnraststätte zu nächtigen.

 


 

8.12.2021

Kuzucargadi – Ucmakdere, Türkei

Km: 180

Km Total: 9’060

Da wir keine Eile hatten nach Istanbul zu fahren, entschieden wir uns, erstmal an die Küste zu fahren. So verliessen wir nach 10 km die ostwärts führende Autobahn und fuhren über Landstrassen durch das flache, vom intensiven Ackerbau geprägte Gebiet, direkt Richtung Süden. 

Die ländliche Gegend machte uns einen eher ärmlichen Eindruck, die kleineren Dörfer schienen verlassen und düster, es lag reichlich Müll herum und streunende Hunde waren allgegenwärtig. Nach zwei Stunden Fahrt, wir näherten uns der Küste, änderte sich das Landschaftsbild. Die auftauchenden Hügel waren bewaldet, Olivenhaine zeichneten die Hänge. Unsere Spannung stieg, der Iveco kraxelte den letzten Hügel rauf, und endlich, zum ersten Mal auf unserer Reise, sahen wir das Meer am Horizont :-). 


So cruisten wir dem ersten Küstenstädtchen namens Sarköy entgegen. Wir fuhren erstmal durch unzählige Ferienhaussiedlungen (in dieser Jahreszeit eher Geistersiedlungen) bis wir in den Stadtkern kamen. An der Strandpromenade fanden wir ein gemütliches Beizli, wo wir uns zum ersten Mal mit der türkischen Küche vertraut machten. Da keine englische Karte vorhanden war, mussten wir uns mit Google-Translate durchschlagen. Da alles ziemlich fleischlastig war, begnügten wir uns erstmal mit zwei Vorspeisetellern. 

Nicht widerstehen konnten wir den Desserts, die verführerisch in einer grossen Theke ausgestellt waren. Der Tiramisu-Kuchen sowie das türkische Dessert „Trilece“ war beides sehr lecker :-). Nach einem kurzen Abstecher an den Strand verliessen wir das Städtchen wieder und machten uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz. 

Die Küste war fast durchgehend besiedelt, die kurzen unbebauten Abschnitte auch nicht wirklich geeignet fürs Übernachten, da sehr nahe an der Strasse. Die Küste wurde dann felsiger, bald kamen hohe Klippen in Sicht, die Strasse windete sich in die Höhe. Ein steiler Abzweiger führte uns von der Anhöhe in eine schöne Bucht hinunter, wo wir einen ruhigen Platz zum Übernachten fanden. 

Leider war die Bucht extrem vermüllt. Wirklich eine Schande und absolut unverständlich! Obschon es sogar Müllcontainer auf dem Gelände gibt, lassen viele der Menschen, welche hier grillieren und picknicken, ihren Müll einfach liegen oder werfen ihn in die nächstgelegenen Büsche. Wie schon oft auf dieser Reise, fragen wir uns, wie diese Gleichgültigkeit zu erklären ist… Ebenso der Müll (vorallem Plastik!), welcher jeden Tag vom Meer her angeschwemmt wird und sich am Strand sammelt, ist eine Katastrophe. Dies natürlich auch ein weltweites Problem, aber immer wieder schockierend zu sehen. Wir hoffen sehr, dass die Menschheit ihre Müllflut irgendwann in den Griff bekommt.

Auch in der Schweiz sind die Müllberge ein brisantes Thema. Hierzu eine aktuelle Petition "Das Recht zu Reparieren" von Greenpeace. 

 

9.12.2021

Ucmakdere, Türkei

Tag am Meer :-). Neben etwas strandspazieren, beobachteten wir die Tandemgleitschirmler, die beim Strand ihre Basis hatten dort und landeten. Am Tag und auch in der Nacht kamen Fischerboote relativ nahe an den Strand und wir konnten wunderbar mit dem Feldstecher die Kunst der Fischerei studieren. 

Rund um den Camper befreiten wir den Platz vom Müll. In Anbetracht der Menge an rumliegendem Müll, brauchen solche Aufräumaktionen immer sehr viel Optimismus :-). Die Gedanken wechseln sich stetig ab zwischen „Doch, das bringt was“ und „Völlig sinnlose Aktion“. Jedenfalls haben wir beim Verlassen des aufgeräumten Platzes ein gutes Gefühl und wir sind überzeugt, dass auch kleine Beiträge etwas bewirken.

 

10.12.2021

Ucmakdere – Istanbul, Türkei

Km: 270

Km Total: 9’330

Die Fahrt nach Istanbul brachte uns als erstes direkt in einem weiten Bogen, nördlich der Megastadt, auf die asiatische Seite.

Vorbei an neuen Windparks, über eine fast leere 4-spurige Autobahn, neben dem grössten Flughafen der Welt vorbei und über eine kolossale Hängebrücke, die über den Bosporus führt. Ein Gigantismus in einem Land, wo die Leute zum Teil an Armut leiden.

Der Grund für unseren Umweg war die Iveco-Garage am anderen Ende der Stadt sowie das Beschaffen eines neuen 12V-230V Wechselrichters. In der Iveco-Garage konnten wir problemlos einen Termin ausmachen für einen grossen Service.

Nun zum Wechselrichter. Im Internet fanden wir einen Caravan-Shop in der Nähe der Garage. Im Internet sah dieser gross und fachmännisch aus. Dort angekommen, fanden wir lediglich eine kleine Garage vor, wo zwei Türken Innenausbauten für Camper machen :-). Nun, dann läuft es in etwa so ab: Niemand versteht einander. Man wird erstmal gebeten sich hinzusetzen. Dann gibt’s ein Tee. Erst dann ruft der eine Türke einen anderen an, mit dem wir übers Telefon Englisch sprechen konnten :-). Am Schluss haben wir einen neuen Wechselrichter bestellt und 50€ Anzahlung geleistet. Das ganze natürlich ohne Quittung und ohne Garantien, aber wir haben ja schliesslich ein Tee zusammen getrunken ;-). Übrigens wäre der vorherige Wechselrichter, den wir in der Ukraine gekauft haben, noch funktionstüchtig. Nur leider hat dieser uns nach Monaten das Laptopladegerät zunichtegemacht, da es kein „echter Sinus“ Wechselrichter ist.

Auf der Fahrt ins Zentrum wurde uns bewusst, wie arm viele Leute sein müssen, als wir vereinzelt Personen auf der Autobahn (im stockenden Verkehr) sahen, die Trinkwasser an vorbeifahrende Autofahrer verkauften. Der Verkehr in der 15 Millionen Stadt ist gewöhnungsbedürftig. Und so passierte es, dass wir eine falsche Abzweigung erwischten und mitten in kleinen Gässchen, vollgestopft mit Einbahnschildern und LKW-Fahrverboten, landeten. Der Iveco kam zum Glück heil wieder raus.


Weiter auf die Fähre um über den Bosporus wieder nach Europa zu gelangen. Tönt doch irgendwie witzig: von Europa nach Asien und zurück für in die Iveco-Garage.

Unser Campingplatz (eigentlich der Parkplatz eines Fussballplatzes mit Einrichtungen für Camper) für die nächsten 18 Tage lag mitten in Istanbul! Das gibt es sonst wohl nirgends! In einer 15 Millionen Stadt ist man vom Camping aus in 5 Minuten zu Fuss mitten im Getümmel! Die Lage und der Preis von Fr. 8.- machen die schmutzige WC-Anlage und den Strassenlärm wieder wett :-).

 

11. – 28.12.2021

ISTANBUL, Türkei

Km: 60

Km Total: 9’390

Da dieser Bericht sehr umfangreich ist, haben wir ihn in verschiedene Kapitel unterteilt:

Istanbul allgemein; Stadtviertel; Müllsammler; Hunde und Katzen; Konzert; Service am Iveco; Covid

 

Istanbul allgemein:

Istanbul hat uns definitiv in den Bann gezogen! In der ersten Woche tauchten wir voll ein in das lebendige, chaotische Stadtleben und sind absolut begeistert von der Vielseitigkeit der Stadt. Leider hatten wir Pech mit dem Wetter, die erste Woche war es vorwiegend am Regnen, begleitet von kalten Temperaturen (5-8°C). Wir freuten uns auf die zweite Woche, für welche Sonnenschein vorhergesagt wurde. Doch es kam leider ganz anders. Mehr dazu unter dem Kapitel „Covid“…

 

Selbstverständlich besuchten wir die berühmtesten Wahrzeichen der Stadt: die Hagia Sophia, die Blaue Moschee (Sultan-Ahmed-Moschee) und die Süleymaniye-Moschee. Allesamt eindrückliche architektonische Bauwerke.

Von der Blauen Moschee bekamen wir leider nicht sehr viel zu Gesicht, da das Gebäude renoviert wird und momentan sowohl aussen wie innen mit Gerüsten und Hüllen verdeckt war. Im Inneren war lediglich ein Teil der Kuppel sichtbar, wo einige der blau-weissen Fliesen zu sehen waren, die der Moschee ihren Namen gaben. Die Aussenansicht war vor allem von Weitem imposant.

 


Die Süleymaniye-Moschee thront über der Stadt auf einem Hügel, von wo man einen fantastischen Ausblick über die Stadt, auf das goldene Horn und den Bosporus bis hinüber auf die asiatische Seite hat. Die Dächer und Kamine des anliegenden Gebäudes machen den Ausblick besonders fotogen.

Im Inneren der Moschee herrscht eine schlichte Eleganz; der von 130 meist farbigen Fenstern lichtdurchflutete Innenraum wirkt freundlich; die kleinen, rund angeordneten Lämpchen tragen zum lieblichen Eindruck bei.

 

Nun zu der weltberühmten und geschichtsträchtigen Hagia Sophia, ehemals Kirche und Museum.

Die Hagia Sophia wurde, wie bereits mehrmals in der Geschichte, auch im Jahr 2020 wieder Gegenstand von Symbolpolitik. Als „Geschenk“ an seine Wähler, ordnete Präsident Erdogan an, die Hagia Sophia wieder als Moschee zu nutzen. Dies ein höchst umstrittener Akt. Anfangs wurden sämtliche christliche Mosaiken mit Leinwänden verhüllt.

Seit einem Besuch der Unesco wurden offenbar bei einigen der Mosaiken die Leinwände wieder entfernt. Momentan sind nur noch diejenigen in der Apsis verhüllt, weil diese in Blickrichtung der muslimischen Gläubigen beim Gebet liegen. Es handelt sich einerseits um das Marien-Mosaik, das berühmteste Kunstwerk in der Hagia Sophia, bei welchem jedoch zwischen den zwei Stoffbahnen doch die Gesichter von Maria und Jesuskind hervorblicken. 


Auch gelten seit der Umwandlung natürlich die üblichen Regeln für den Besuch einer Moschee wie Kopftuch tragen, angemessene Kleidung, Schuhe ausziehen und zu den Gebetszeiten kein Eintritt für Nicht-Muslime. Letzteres wurde eher locker gehandhabt; wir mussten uns lediglich in den hinteren Bereich zurückziehen.

Ebenfalls wäre geplant gewesen, die berühmte ehemalige Chora-Kirche, welche vorher ebenfalls als Museum galt, in eine Moschee umzuwandeln. Auch dies wurde angeblich nach dem Besuch der Unesco widerrufen, trotz dem bereits vollendeten Umbau. Die Kirche (resp. das Museum) soll nun umfassend renoviert werden. Da wir die Kirche besuchen wollten und uns im Vorfeld nicht erkundigt hatten, standen wir vor einem total verhüllten Gebäude mit verschlossenen Toren.

Auch zum Pflichtprogramm eines jeden Istanbul Besuchers gehört der Galata-Turm. Erbaut im Jahr 1348 als Teil einer Stadtbefestigung, war der Turm über Jahrzehnte das höchste Gebäude von Istanbul. Der Aussichtsbalkon des Turms kann heute bequem mit einem Lift erreicht werden.

 


Wenn das Wetter es zuliess, schlenderten wir gerne entlang des Bosporus, beobachteten den regen Schiffsverkehr, die kreischenden Möwen, welche in Schwärmen den Schiffen hinterherflogen, und genossen einfach die Aussicht und Stimmung am breiten Fluss. Wir überquerten den Bosporus übrigens 3x per Fähre, 1x über die Brücke sowie 1x per Taxi (Tunnel) und 1x per Zug (Tunnel) um den bestellten Wechselrichter 12V – 230V abzuholen.

 

Absoluter Wahnsinn in dieser Stadt sind die Tonnen an Waren, die hier gehandelt werden.

Vom traditionellen orientalischen Basar im historischen Gebäude, zu Einkaufsstrassen im westlichen Stil, bis hin zum luxuriösen Shoppingzentrum gibt es alles zu finden. Sehr beeindruckt haben uns vor allem die riesigen Einkaufsviertel bzw. Basarstrassen. Die ersten Tage kamen wir fast nicht aus diesem Wirrwarr raus. So wild diese Einkaufsstrassen jedoch auf den ersten Blick wirken, sind diese doch recht gut strukturiert. Für jede Produktgruppe gibt es quasi ein eigenes Viertel. Dominant sind vor allem Textilprodukte, wie Kinder-, Damen- oder Herrenkleider, Schuhe, Schmuck, Bettwaren, aber es gibt auch Handwerkliches, Elektronik etc. Grundsätzlich bekommt man eigentlich alles in diesen gigantischen Einkaufsvierteln. Wir gehen davon aus, dass die meisten der angepriesenen Textilprodukte in der Türkei hergestellt werden. Die Textilindustrie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Türkei und aktuell die grösste Exportbranche des Landes. Diese Tatsache macht Istanbul zu einem riesigen Umschlagplatz. Nebst vielen Grosshändlern, die ihre Textilien in der Türkei produzieren lassen, kommen vermutlich auch viele kleiner Händler nach Istanbul, um ihren Grosseinkauf zu machen. Zwischen den Kleiderläden verstecken sich kleine Speditionsfirmen, welche die Pakete in alle Herrenländer verschicken. Auch sahen wir oft junge Männer, welche die grossen Pakete mit Handkarren durch die Gassen zum nächsten Lieferwagen transportierten.

 

Ebenfalls der Wahnsinn ist die Dichte an Restaurants, Cafés, Essensständen und Bäckereien mit Süssigkeiten. Wir probierten fleissig die exotisch aussehenden zuckersüssen türkischen Leckereien, meist begleitet von einem Gläschen türkischen Çay (Schwarztee) oder türkischem Kaffee.

Die traditionelle türkische Küche ist grundsätzlich sehr fleischlastig, Kebab und Köfte sind allgegenwärtig. Doch mit ein bisschen Suchen findet man doch immer wieder sehr leckeres vegetarisches Essen. Auch profitierten wir vom internationalen kulinarischen Angebot im modernen Istanbul; wir gönnten uns z.B. italienische Pizza, veganes Sushi, turkmenisches Lagman (Nudeln), pakistanisches Curry, jemenitisches Fischcurry usw.  

 

Stadtviertel:
Interessant an Istanbul sind die komplett unterschiedlichen Charakteren der verschiedenen Viertel. Auf der europäischen Seite, südlich vom Meeresarm „Goldenes Horn“, sind unter anderem die Stadtviertel Yenikapi und Sultanahmet. Dort befand sich auch unser Schlafplatz. Dieser Teil der Stadt scheint nur aus Shops, Restaurants und UNESCO-Altstadt zu bestehen. Einerseits extrem touristisch und andererseits immer noch sehr traditionell geprägt.
Dann bewegen wir uns auf die nördliche Seite des Goldenen Horns. Im Stadtteil Karaköy gibt es Restaurants und Bars wie Sand am Meer. Doch schon um einiges gemütlicher als die Massenabfertigung der Altstadt. Nach einem kurzen Spaziergang kommt man in den Stadtteil Beyoglu, wo man durch eine langgezogene, sehr westeuropäische Shoppingstrasse geht.
Und nun bewegen wir uns auf die asiatische Seite von Istanbul und wir landen in Kadiköy. Für uns war Kadiköy das coolste Viertel! Da auf der asiatischen Seite unzählige Wohngebiete sind, bewegen sich auch die Einheimischen dort. Kadiköy ist ein hippes Viertel mit viel Charme und Charakter. Der hippe Charakter spiegelt sich natürlich in den Kneipen und den Shops wider und wir fühlten uns so richtig wohl.
Also, für alle die Istanbul besuchen wollen; es lohnt sich enorm die touristischen Viertel zu verlassen und die hippen Orte der Stadt zu erleben :-)!

Müllsammler:
Auch während des Reisens probieren wir möglichst wenig Abfall zu generieren und diesen wenn möglich zu trennen. Je weiter östlich wir kommen, desto schwieriger gestaltet sich dies. Wie bereits in vorherigen Berichten erwähnt, ist das Umweltbewusstsein der Türken gering, die Müllverwertung steckt in den Kinderschuhen. Das Meiste landet noch immer unsortiert im besten Fall auf einer offiziellen Mülldeponie, im schlechteren Fall auf einer illegalen/wilden Deponie. Deshalb erachten wir es hier als besonders wichtig, die Wertstoffe wenn möglich zu recyclen. Natürlich ein Tropfen auf den heissen Stein, trotzdem wollen wir nicht einfach resignieren! In den letzen Jahren wurde sicherlich einiges unternommen, es gibt vereinzelte Recyclingstationen. Diese sehen jedoch meist heruntergekommen aus und der Inhalt gleicht einem normalen Müllcontainer. Auch hier mangelndes Umweltbewusstsein. Einzig die Glassammlung scheint einigermassen zu funktionieren. Nun haben wir bemerkt, dass es in den Städten ein Parallelsystem zur herkömmlichen Sammelmethode gibt. Und zwar sind dies die unzähligen Sammler, die mit grossen Handkarren von Container zu Container laufen und diese von Hand durchwühlen. Gesammelt wird Papier/Karton, Plastik und Metalle. Für das Material erhalten die Sammler ein paar Franken und verdienen sich so ihren Unterhalt. Sie gehören zu den Ärmsten der Armen; meist sind es Kurden oder Roma. Diese Sammler sind allgegenwärtig in Istanbul.

Immer wieder beobachteten wir die Männer, die mit viel Muskelkraft die vollbepackten Karren durch die Stadt schieben. Einmal sahen wir sogar zwei junge Burschen, die in einen kleinen Mülleimer hineinschlüpften, um in den unterirdischen Container zu gelangen. Es stimmt uns traurig. Eigentlich wäre die Trennung des Mülls doch so viel einfacher zu machen.

 


 

Hunde und Katzen:

Ein weiteres Thema, worüber es sich lohnt ein paar Worte zu verlieren, sind die Vierbeiner in Istanbul, die uns regelmässig zum schmunzeln brachten. In keiner Stadt haben wir so viele Katzen gesehen. Aber auch Strassenhunde zählen zu den ständigen Bewohnern der Stadt. Anders als zum Teil in Osteuropa sind diese Tiere hier fast immer gut genährt. Es sind zudem meistens schöne Tiere, die gewissen teuren Rassen den Rang ablaufen würden :-).

Istanbuls Strassenkatzen haben es gut. Die Bewohner der Stadt füttern, streicheln und verarzten die Tiere. Danach verziehen sie sich wieder. Immer liegt irgendwo Futter für die Heerscharen auf vier Beinen. Ein Traum für die kleinen Raubtiere! Es werden sogar kleine Behausungen für die Vierbeiner gebaut, wo sie vor Kälte, Wind und Regen geschützt sind. Die Hunde sind allesamt brav und friedlich. Ebenfalls das Zusammenleben mit den Katzen verursacht keine Reibereien! Dies zeigt uns wiedermal, dass Hunde sehr liebe Tiere sind, und nur durch den Menschen zum Teil aggressiv gemacht werden. Dass auch die Hunde toleriert und gefüttert werden, ist in einem muslimischen Land nicht selbstverständlich, da der Hund im Islam als unrein gilt. Praktisch alle Hunde die wir sehen, haben eine Markierung am Ohr, sind also sterilisiert und geimpft. Zuständig dafür sind die diversen Stadtkommunen. 

                                                                                      

Konzert:

Bereits in Bulgarien entdeckten wir im Internet überraschenderweise, dass eine meiner Lieblingsmusikerinnen, Sophie Hunger, im Dezember in Istanbul spielen wird. Wir wussten gar nicht, dass die Türken einen solch guten Musikgeschmack haben ;-).

Der Termin passte erfreulicherweise gut in unseren Zeitplan und wir freuten uns riesig darauf, wieder mal gute Live-Musik zu hören, hatten wir doch seit dem Beginn unserer Reise nicht oft Gelegenheit dieser Leidenschaft nachzugehen. Wir hielten uns während des Sommers oft in ländlichen Gebieten auf, wo wenige Events stattfanden und diese dann als Tourist auch nicht immer einfach zu finden sind. 


In den grossen Städten, wo das kulturelle Angebot sicherlich vorhanden ist, hielten wir uns meist relativ spontan und kurz auf, was die Eventplanung auch nicht wirklich einfacher macht. Auf jeden Fall hätte es in dem Konzertlokal in Istanbul, wo auch Sophie Hunger spielte, noch einige interessante Gigs gehabt, natürlich auch von türkischen Musikern. Jedoch war unsere Lust auf Menschenmassen in geschlossenen Räumen aufgrund der steigenden Covid-Zahlen eher gemässigt. Bei Sophie Hunger machten wir eine Ausnahme :-). Nun endlich zum Konzert selbst. Die Tickets konnten wir übers Internet buchen und holten diese dann sicherheitshalber schon Tage vorher beim Konzertlokal ab. Mit dem aktuellen prekär tiefen Wechselkurs lag der Eintrittspreis pro Ticket bei knapp Fr. 10.- . Geschätzt waren um die 400-500 Personen am Konzert. Wir fragten uns, wie hoch die Gage der Musiker wohl sein wird? Spielen diese aus Wohlwollen und Vergnügen für so einen kleinen Betrag? Oder werden die Konzerte auf irgendwelche Art quersubventioniert? Seitens des Staates wohl kaum. Viele offene Fragen hierzu. Der Veranstaltungsort ist Teil eines hochmodernen und luxuriösen Einkaufskomplexes, wo es einen Saal für grosse Veranstaltungen gibt und eben das kleine Konzertlokal. Als Coronaprävention wurden am Eingang Masken verteilt, die man zwingend tragen musste. Obschon wir unsere eigenen FFP2 Masken trugen, mussten wir wechseln auf die zu grossen eher billig anmutenden orangen Eventmasken. Während des Konzert wechselten wir dann wieder auf unsere eigenen Masken. Die Maskenpflicht wurde ausserdem während des Konzerts nicht von allen befolgt. Daher auch dies eher eine Alibi-Übung. Das Konzert war sensationell, die Musik wie immer top! Das Publikum war bunt durchmischt, von alt bis jung, von musikaffinen alternativen Menschen, elegant gekleideten Partygängern bis zu jungen Frauen im Kopftuch. Am Anfang war das Publikum noch sehr aufmerksam, mit der Zeit verschwanden jedoch einige Leute nach hinten und anhand des Geplauders in den Pausen zwischen den Songs, merkte man doch, dass nicht alle Besucher der Musik wegen gekommen sind. Angesichts des Applauses und der gezückten Handys war für viele Leute der Cover-Song „Le vent nous portera“ das Highlight des Abends ;-). Alles in allem ein super Abend, wir genossen es sehr und sind erstaunt, dass Sophie Hunger doch auch in der Türkei eine kleine aber feine Fangemeinde hat.

 

Service am Iveco:

Da wir gegen 10'000 km hinter uns haben, war es an der Zeit, unserem Gefährt neue Filter und neues Öl zu gönnen. Ebenfalls war die Batterie an ihrem Lebensende angekommen! Den Termin hatten wir, und so starteten wir vor 8:00 Uhr und fuhren mit der Fähre nach Asien. Nach 30 km (man ist übrigens immer noch in Istanbul!) kamen wir an der offiziellen Iveco Garage an. Obwohl der Termin stand und sie alle Daten hatten, mussten wir drei Stunden warten bis unser Zuhause endlich in die Werkstatt rollte. Wir nutzten die Zeit unter anderem um an der Internetseite zu arbeiten. Im Pausenraum hatte es noch ein paar andere Leute die den ganzen Tag warteten. Am Mittag kam ein Kurier und brachte für alle gratis Essen, wie nett :-).

Lustig fanden wir auch, dass es im Pausenraum eine öffentliche Dusche hatte, falls die Reparatur bis zum nächsten Tag andauert. Zudem hatte es im Raum einen grossen Fernseher mit Kamerabildern der Werkstatt. Somit konnte man immer den aktuellen Stand des eigenen Fahrzeuges beobachten.

 


Noch etwas zu den Preisen. Da sich die Türkei gerade in einer schlimmen Währungskrise befindet, war der Service für uns spottbillig! Alle Filter tauschen, neues Öl, Arbeit und eine neue 145AH Markenbatterie für 215€!! In der Schweiz wäre man im 4-stelligen Bereich gelandet! Stundensatz in der offiziellen Iveco Garage: 17 Franken!

Nach 8 Stunden warten im Pausenraum (ganzer Tag Regen) durften wir mit dem frisch gewarteten Iveco direkt in den zähflüssigen Feierabendverkehr der 15 Millionen Stadt eintauchen.

 

Covid:

Leider hat es mich, Stefan doch erwischt. Obwohl wir 5 Wochen zuvor doppelt geimpft wurden. Maryse hatte (vermutlich wegen der Impfung) zum Glück nichts! Als ich positiv und Maryse negativ war, überlegten wir uns wie eine Isolation im Camper aussehen könnte :-). Einige Tage, genau über Weihnachten, verbrachten wir auf dem wunderschönen ;-) Campingplatz nur im Camper.

Ich hatte von allem ein bisschen: Fieber, Geschmacksverlust, Hals- und Schluckweh, Kopfschmerzen, Husten etc. Aufgelesen haben wir es vermutlich in irgendeinem Restaurant.